New York. (reu/hdt) Nach den spektakulären Handelsverlusten zieht JPMorgan personelle Konsequenzen. Die größte US-Bank gab am Montag bekannt, dass sie sich von Investmentchefin Ina Drew trennt. Sie war eine der am höchsten bezahlten Mitarbeiterinnen des Geldhauses, arbeitete dort 30 Jahre und hatte allein in den vergangenen zwei Jahren jeweils mehr als 15 Millionen Dollar verdient. Die 55-Jährige galt als eine der mächtigsten Frauen an der Wall Street. Als Vertraute von Bankchef Jamie Dimon hatte sie mitgeholfen, die Bank fast ohne Blessuren durch die Finanzkrise zu steuern.

Das seit 2005 von Drew geleitete "Chief Investment Office" konnte selbst Gewinne oder Verluste einfahren - je nachdem, ob die Wetten im Derivatehandel aufgingen oder nicht. Pikanterweise häuften sich die Verluste ausgerechnet in Absicherungsgeschäften an, die eigentlich dazu dienen sollen, Einbußen im Handel zu begrenzen. Ob weitere Köpfe rollen werden, blieb zunächst offen.

JPMorgan hatte einen Handelsverlust von bis zu drei Milliarden Dollar eingefahren. Durch den Skandal verlor die Bank Ende der vergangenen Woche 15 Milliarden Dollar an Marktwert, am Montag ging der Kursrutsch an der Börse weiter. Die Ratingagentur Fitch hatte noch am Freitag nach Börsenschuss die Bonitätsnote der Bank um eine Stufe auf A-plus von zuvor AA-minus gesenkt. Das Ausmaß der Verluste durch hochriskante Wetten sei zwar kontrollierbar. Allerdings deute die Größe des Fehlbetrags auf einen Mangel an Liquidität hin. Zudem werfe der Fall Fragen zum Risikomanagement des Finanzhauses auf. Standard&Poor’s bestätigte die Bonitätsnote von A/A-1, senkte aber den Ausblick von stabil auf negativ.

Das bisher als Musterknabe unter den amerikanischen Geldhäusern geltende Institut hatte die Verluste erstmals in einer eilends anberaumten Telefonkonferenz am Donnerstag mitgeteilt. Details über die genauen Hintergründe und die exakte Höhe der bei hochriskanten Wetten verzockten Summe erwarten Anleger von JPMorgan-Chef Jamie Dimon heute, Dienstag, bei der jährlichen Hauptversammlung. Dimon räumte Fehler beim Umgang mit dem Handelsskandal ein. Das Unternehmen habe schlecht auf erste Warnsignale reagiert, sagte Dimon in einem TV-Interview.

Ruf nach Zerschlagung der fünf größten US-Banken


Der spektakuläre Handelsskandal hat auch die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen und den Ruf nach härterer Regulierung und schärferer Aufsicht wieder laut werden lassen. Die US-Börsenaufsicht SEC habe erste Ermittlungen eingeleitet, berichtete die "New York Times". Der Präsident der Dallas-Fed, Richard Fisher, der die Zerschlagung der fünf größten US-Banken in kleinere Einheiten gefordert hatte, sah sich in seiner Sorge bestätigt: Er sei beunruhigt, dass die größten Banken kein angemessenes Risiko-Management hätten. Wenn die Führung nicht mehr mitbekomme, was unter ihr vor sich gehe, dann sei jedenfalls der Punkt gekommen, wo das Institut zu groß geworden sei, sagte Fisher.