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EU will bei Juni-Gipfel Wachstumsimpulse aussenden

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Wirtschaft

Differenzen bei Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs.


Brüssel. Selbstverständlich ging es ums Geld. Aber eben auch um Fußball. Das Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs, das sich von einem Abendessen in eine Nachtsitzung bis in den Donnerstag rein verwandelte, war der Debatte gewidmet, wie die Wirtschaft der Union zum Wachsen gebracht werden kann. Doch ein Politiker wollte die Gelegenheit auch dazu nutzen, eine besondere Art von Tourismus anzukurbeln. Polens Premier Donald Tusk warb bei seinen Amtskollegen darum, zur Fußball-Europameisterschaft zu kommen, die sein Land schon bald mit dem Nachbarn Ukraine ausrichtet.

Warschau hält nichts von einem Boykott der Spiele in der Ukraine, und so konnte Tusk erfreut berichten, dass fußballbegeisterte Spitzenpolitiker aus ganz Europa einem Match in dem einen oder anderen Land beiwohnen wollen. Dazu gehörten sowohl Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch der französische Präsident Francois Hollande.

Diesen beiden galt auch das größte, über Fußball hinausgehende, Interesse bei der Zusammenkunft in Brüssel. Groß war die Neugier der Medien, aber wohl auch so manchen Politikers, wie die Stimmung zwischen Merkel und Hollande bei dessen erstem Auftritt im Kreise seiner EU-Kollegen sein würde. Die Beschreibungen der Teilnehmer reichten von "angespannt" bis "abwartend freundlich".

Dass die Absprachen zwischen Berlin und Paris derzeit nicht jede Debatte im Vorfeld eines Gipfeltreffens dominieren, dürfte dabei etliche Länder freuen. So ortete Österreichs Kanzler Werner Faymann einen "Stilunterschied": Früher sei vor einem EU-Gipfel viel telefoniert worden, Frankreichs Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin hätten einander regelmäßig getroffen. Diesmal aber habe es eine Vorbereitung mit allen 27 Staaten gegeben.

Als solch eine war das Abendessen denn auch gedacht. Erst beim Gipfeltreffen Ende Juni sollen nämlich Entscheidungen für eine Wachstumsstrategie der EU fallen. Wie unterschiedlich die Ideen dazu sind, ist aber jetzt schon klar. Umstritten ist etwa die Einführung von Euro-Anleihen, die gemeinschaftlich von den Ländern der Euro-Zone ausgegeben werden. Diese von Paris favorisierten und von Berlin abgelehnten Bonds wird es auf absehbare Zeit wohl nicht geben.

Polen sucht Verbündete

Worauf sich die Politiker aber im Juni einigen könnten, sind Impulse für die Wirtschaft wie eine Vertiefung des Binnenmarktes oder nationale Programme gegen die Arbeitslosigkeit. Weitgehende Einigkeit gibt es auch dazu, dass EU-Mittel wie strukturelle Förderungen besser für Wachstumsziele genutzt werden sollen. Infrastruktur-Vorhaben wie Brücken- oder Straßenbau könnten dabei auch mit Projekt-Anleihen, die die Europäische Investitionsbank stützt, finanziert werden.

Heftigere Debatten wird es beim nächsten Gipfel allerdings rund um den Budgetvorschlag der EU-Kommission für 2013 und den mehrjährigen Finanzrahmen geben. Und auch das wollte Premier Tusk beim Sondertreffen ansprechen. Erst vor ein paar Tagen hat Polen mit zehn weiteren ost- und südosteuropäischen Ländern für eine Erhöhung der EU-Ausgaben plädiert. Nun sucht Tusk auch in Brüssel nach Verbündeten - und findet sie nicht zuletzt im EU-Parlament. Bei einer Zusammenkunft mit Parlamentspräsident Martin Schulz verwiesen beide auf die ähnlichen Positionen: Wie die Polen pochen die EU-Abgeordneten auf eine Anhebung des Budgets.

Auch die Wachstumsdiskussion sieht Tusk als ein Zeichen für steigende Unterstützung für Warschau an. Sie sei ein guter Ausgangspunkt, um skeptische Länder davon zu überzeugen, die EU-Ausgaben nicht zu kürzen. Denn auch die seien schließlich Investitionen in die Wirtschaft.