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EU will Strafen für Bankentricks

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Wirtschaft

Werte für Zinsen oder Rohstoffe sollen künftig ebenfalls gesetzlich erfasst sein.


Brüssel. Von Gangstern unterscheiden sie sich nur wenig: Dieses Wort scheint EU-Justizkommissarin Viviane Reding für so manchen Banker passender als dessen eigentliche Berufsbezeichnung. Einige von ihnen verhielten sich nämlich wie Kasino-Zocker, die das Geld anderer verspielen. Als jüngstes Beispiel dafür dient der EU-Kommission der Skandal rund um Tricksereien mit Marktbarometern wie dem Libor oder Euribor.

Gegen solche Zinsmanipulationen will die Brüsseler Behörde nun härter vorgehen. Gemeinsam mit Binnenmarktkommissar Michel Barnier präsentierte Reding Vorschläge für Maßnahmen gegen kriminelle Aktivitäten im Bankenbereich. Diese sollten strafrechtlich verfolgt und mit Sanktionen belegt werden, fordert die Kommission. Daher soll die Gesetzgebung über Insider-Geschäfte und Marktmissbrauch verschärft werden: Die Bezugswerte für Zinsen oder Rohstoffe sollen darin künftig ausdrücklich erfasst werden.

Denn Manipulationen damit würden nicht nur Unternehmen sondern auch Privatpersonen schaden, erklärte Barnier. Sie schlügen sich auf die Höhe von Kreditzinsen nieder oder auch die Preise von Agrarprodukten. Der Marktzins Libor etwa, der täglich in London ermittelt wird, ist Basis für weltweite Finanztransaktionen wie Hypotheken und Derivate im Volumen von mehr als 410 Billionen Euro. Dass etliche Großbanken jahrelang diesen Handelsindex zu ihrem Vorteil verzerrt haben, ist für Barnier "ein skandalöses Vorgehen".

Rechtliche Lücken in Österreich und Bulgarien

Dies soll künftig erschwert werden, indem rechtliche Lücken in der EU geschlossen werden. Denn nicht alle Mitgliedstaaten sehen strafrechtliche Maßnahmen für bestimmte Delikte vor. Österreich beispielsweise gehört zu den drei Ländern, die keine Sanktionen gegen Marktmanipulationen verhängen. Die beiden anderen sind Bulgarien und die Slowakei. In Bulgarien wird laut EU-Kommission ebenfalls die Weitergabe von Insider-Informationen nicht strafrechtlich verfolgt - ebenso wenig wie in Tschechien, Finnland und Estland.

Wie das Strafmaß aussehen könnte, kann Brüssel den Staaten aber nicht vorschreiben. Denn das Justizwesen ist Sache der Länder. Die sind es auch, die sich ebenfalls auf eine verstärkte gemeinsame Bankenaufsicht einigen müssen, die die Kommission als weiteren Kontrollmechanismus fordert. Denn oft würden die nationalen Aufsichtsbehörden erst spät reagieren: Diesen Vorwurf richtete Reding auch an die britische Notenbank, die bei den Libor-Machenschaften nicht früher gehandelt habe.

Bis die künftigen verschärften Gesetze greifen, wird allerdings ebenfalls einige Zeit verstreichen. Denn die Pläne der EU-Kommission zu Regulierungen des Finanzmarktes sind nicht neu. Und über eine europäische Aufsichtsbehörde debattieren die Mitgliedstaaten schon seit Monaten. Im Prinzip haben sie sich auch schon darauf verständigt - ebenso wie darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) dabei eine wichtige Rolle spielen soll. Doch wie die Bankenkontrolle genau gestaltet werden soll, wird erstmals für weitere Diskussionen sorgen. So wird es eher Jahre denn Monate brauchen, bis die gemeinsame Aufsicht Realität wird.