Neu-Delhi. (reu/hes) "Montagmorgen wäre schon schlimm genug - und jetzt noch das." Mit "das" meint Keshav Shah einen Mega-Stromausfall, der zu Wochenbeginn gut 300 Millionen Inder im Dunkeln tappen ließ. "Erst gab es ab zwei Uhr nachts keinen Strom, dann kein Wasser zum Duschen. Und jetzt ist noch die Metro verspätet." Wie er die 30 Kilometer zur Arbeit schaffen sollte, wusste der 32-Jährige nicht.

In der Hauptstadt Neu-Delhi und großen Teilen Nordindiens mussten die Menschen stundenlang ohne Energie auskommen. Insgesamt waren neun Staaten betroffen - in Rajasthan, Punjab, Jammu und Kaschmir war die Stromversorgung bis in die Abendstunden nicht hergestellt.
In vielen Städten regierte Chaos: Mindestens 200 Zugverbindungen wurden gestrichen. Zigtausende Menschen warteten auf den Bahnsteigen auf Anschlusszüge. In den Wasserwerken fielen Pumpstationen aus.
Mehrstündige Stromausfälle sind in Indien keine Seltenheit, das Energiedefizit ist in dem Schwellenland chronisch. Industriekonzerne betreiben meist eigene Kraftwerke; Hotels und große Bürokomplexe überbrücken Ausfälle mit Generatoren.
Hauptlieferant ist Kohle
Für den schlimmsten Blackout seit mehr als einem Jahrzehnt machte Regierungsberater Montek Singh Ahluwalia neben dem desolaten Energienetz vor allem Kohlemangel verantwortlich: Die Stromversorgung ist immer noch zu zwei Dritteln auf den Brennstoff angewiesen. Obendrein musste das Atomkraftwerk Rawatbhata infolge des Netzausfalls heruntergefahren werden.
Erst vor wenigen Wochen hatte die Regierung in Delhi ihr Vorhaben, in den nächsten fünf Jahren eine Billion Dollar in die Infrastruktur zu investieren, wegen der schwächeren Konjunktur zurückgestellt. Indiens Energieminister Sushilkumar Shinde nannte einen Zwischenfall in der Stadt Agra - nahe dem Taj-Mahal-Mausoleum - als Grund, gab aber keine Details bekannt. Die Stromversorgung werde binnen weniger Stunden wieder intakt sein, so Shinde. Er verwies auf einen Netzausfall in den USA 2008, wo das vier Tage gedauert habe.