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"Größte Katastrophe, wenn außerbörsliche Umsätze nicht von der Steuer betroffen wären"

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft

Finanztransaktionssteuer: Börse fürchtet jetzt Abwanderung von Kapital.


"Wiener Zeitung":Börse-Chefin Birgit Kuras hat eine Finanztransaktionssteuer wörtlich als "Todesstoß für die Wiener Börse" bezeichnet. Ist jetzt mit der Weichenstellung beim Treffen der Finanzminister das Ende für den Finanzplatz Wien gekommen?

Beatrix Exinger: Frau Kuras hat von einer nationalen Transaktionssteuer, also einem Alleingang, gesprochen. Aber wir sind auch über die Einführung in nur elf EU-Ländern nicht glücklich. Wir haben immer betont, dass wir eine weltweite oder zumindest europaweite Einführung fordern. Kapital ist ein sehr flexibler Produktionsfaktor und zieht schnell von dannen. Wenn die Steuer in elf Ländern eingeführt wird und in 16 nicht, ist klar, was das bedeutet: Es werden Umsätze in Ländern, in denen die Finanztransaktionssteuer eingehoben wird, abwandern. Und zwar in Staaten, wo es keine Steuer gibt.

Mit welchem Schaden rechnen Sie für die Börse Wien?

Wir wissen nicht, wie die Transaktionssteuer ausgestaltet wird. Wir können den Schaden deshalb seriöserweise nicht beziffern. Wir wissen nicht, welche Produkte in welcher Höhe wie eingeführt werden. Im Zuge dessen möchte ich darauf hinweisen, dass es ganz wichtig ist, die Finanztransaktionssteuer als Lenkungsinstrument zu benutzen, um den außerbörslichen Handel stärker zu besteuern als den börslichen.

Damit wären Ihrer Ansicht nach die Fluchtmöglichkeiten beseitigt?

Dann gibt es noch die Börsen, an denen keine Finanztransaktionssteuer eingehoben wird.



Sie würden als Börse eine weltweite Finanzsteuer fordern, sagten Sie. Die ist aber nicht realistisch. Sollte eine derartige Abgabe in der ganzen EU eingeführt werden, würden Sie wahrscheinlich auch protestieren.

Wir sprechen uns generell gegen eine Besteuerung von Kapitaltransaktionen aus. Sie werden von uns nie ein Pro zur Finanztransaktionssteuer hören. Das geht nicht.

Die österreichische Politik denkt da durchgehend anders, SPÖ und ÖVP sind für die Besteuerung von Finanztransaktionen. Haben Sie versucht, das Schlimmste zu verhindern? Da ist ja aus Ihrer Sicht ein gravierender Fehler passiert.

Wir sind in laufenden Gesprächen mit den politischen Parteien. Wir haben Interesse geweckt und signalisiert bekommen, dass sie dafür sind, dass der außerbörsliche Handel auch besteuert werden muss.

Gibt es Befürchtungen von Ihrer Seite, dass es mit der Besteuerung von Kapital weitergeht?

Dazu kann ich nichts sagen, das wäre pure Spekulation.

Wenn Sie spekulieren: Wie sieht das Horror-Szenario aus?

Die größte Katastrophe wäre, wenn nur börsliche Umsätze besteuert werden. Über das Ausmaß der nötigen Besteuerung von außerbörslichen Umsätzen kann ich nichts sagen, das will ich nicht über die Medien ausrichten.

Beatrix Exinger ist Pressesprecherin der Wiener Börse AG. Sie hat Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien studiert.