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Martinigansl mit einem bitteren Beigeschmack

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Tierschützer warnen vor Fleisch aus Stopfmast.


Wien. Wer sich rund um Martini am 11. November ein Gansl schmecken lässt, sollte sich zuvor über die Herkunft erkundigt haben. Denn noch immer landet Gänsefleisch aus tierquälerischer Stopfmast auf heimischen Tellern, warnen Tierschützer. Zwar ist das Zwangsstopfen in Österreich und zwölf weiteren EU-Ländern verboten, der Import dieser Produkte ist jedoch erlaubt.

Beim traditionellen Martinigansl sollten Konsumenten auf die Tierhaltung achten.
© © sasel77 - Fotolia

"Wir haben bei einem Großhändler Gänsestopfleber gefunden. Vor allem im Großmarkt und auf Märkten sind Produkte aus Stopfmast erhältlich", sagt Nikola Furtenbach, Kampagnenleiterin bei Vier Pfoten in Österreich. Immer wieder werde in Restaurants minderwertiges Fleisch kranker Gänse aus Käfigbatterien der ungarischen oder französischen Stopfleberindustrie serviert.

Bei lebendigem Leib gerupft

Stopfleberproduzenten halten die Gänse in Käfigen, sagt Furtenbach: "Zwei Mal am Tag werden die Tiere mit großen Mengen Maisbrei zwangsgefüttert, die durch ein Plastikrohr in den Magen befördert werden. Die Folge: Die Leber verfettet, die Organe werden größer. Das Tier ist krank." Viele Gänse werden zudem bei lebendigem Leib gerupft, um die Daunen in Jacken, Decken und Polstern zu verarbeiten.

In Österreich ist hingegen Freilandhaltung für Gänse gesetzlich verpflichtend, zudem muss eine Bade- und Duschmöglichkeit für die Tiere vorhanden sein.

Insgesamt gibt es in Österreich rund 95.000 Gänse, davon gehören 30.000 Gänse von knapp 200 Mitgliedsbetrieben zur österreichischen Weidegans-Organisation. "Gans ist ein Saison- und Spezialprodukt, das aufgrund der langen Haltungsdauer nicht günstig herzustellen ist", sagt Michael Wurzer von der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Geflügelwirtschaft (ZAG). Die österreichischen Weidegänse kommen in Frühling auf die Weide. Sie fressen überwiegend Gräser und werden nach spätestens 24 Wochen kurz vor Martini geschlachtet.

Im Durchschnitt isst ein Österreicher jährlich eine Portion Gans (0,3 Kilo). Da immer mehr Gänsefleisch konsumiert wird und die heimischen Erzeuger den Mehrverbrauch nicht so schnell abdecken können, ist der Selbstversorgungsgrad in Österreich auf 14 Prozent im Vorjahr gesunken. 86 Prozent der 2729 verbrauchten Tonnen wurden importiert - hauptsächlich aus Ungarn, Frankreich und Polen.

Ungarische Gans (nicht aus Stopfmast) ist derzeit tiefgekühlt bei einem großen Einzelhändler um 5,99 statt regulär um 8,99 Euro erhältlich, im Großhandel um 5,50 Euro pro Kilo. Österreichische Weidegans wird direkt vermarktet und kostet 9,50 Euro pro Kilo, Bio-Ware einen Euro mehr, heißt es von der Oberösterreichischen Landwirtschaftskammer. Der Preisunterschied mache sich aber bezahlt, weil beim Braten aufgrund des geringeren Fettgehalts mehr Fleisch übrig bleibe.

Furtenbach rät Konsumenten, in der Gastronomie nach der Herkunft und Haltung der Gans zu fragen. Beim Fleischeinkauf garantiere österreichische Herkunft artgerechte Haltung.

Eine Positiv- sowie eine Negativliste von Gänseproduzenten ist auf www.vier-pfoten.at abrufbar.