
Washington. Die US-Waffenindustrie bekommt das Schulmassaker von Newtown zu spüren: Finanzinvestor Cerberus, hierzulande als Bawag-Eigentümer bekannt, trennt sich nach massivem Druck vonseiten der Aktionäre von seiner Tochter Freedom Group. Eine Entscheidung, die die US-Waffenindustrie nachhaltig verändern könnte, denn die Freedom Group ist einer der größten Hersteller von Handfeuerwaffen weltweit - und gilt als äußerst mächtig.
Zur Freedom Group gehört so unter anderem auch der Hersteller Bushmaster, der das Sturmgewehr AR-15 in verschiedenen Varianten anbietet. Diese Waffe sowie zwei Pistolen wurden am Freitag von dem 20-jährigen Attentäter benutzt, der 27 Menschen erschoss und sich danach selbst umbrachte.
Das Attentat, dem vor allem Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren zum Opfer fielen, sorgte weltweit für Entsetzen. In den USA ist eine neue Diskussion über das Waffenrecht entbrannt.
Waffenhersteller nicht für Waffengebrauch verantwortlich
Cerberus äußerte sich in der Erklärung entsetzt über das Massaker und bekundete seine Trauer. Die Freedom Group sei aber nicht für das Verbrechen verantwortlich. Keine Firma könne sinnlose Gewalt verhindern. Cerberus betonte zudem, nur Anlageentscheidungen für die Kunden zu treffen und nicht die Rolle von Politikern einzunehmen.
Neben anderen Cerberus-Aktionären war es nun besonders der kalifornische Lehrerpensionsfonds, der mehr als 750 Millionen Dollar bei dem Finanzinvestor angelegt hat und nach dem Massaker offen mit einer Neubewertung dieser Investments drohte. Dieser Druck zeigt nun Wirkung, das Verkaufsverfahren der Freedom Group werde umgehend eröffnet, um die Erlöse an die Investoren weiterzuleiten, wie Cerberus erklärte.
Finanzinvestoren mit Nähe zum Waffengeschäft
Die Freedom Group gilt, nachdem sie in den vergangenen Jahren reihenweise Kleinwaffenhersteller übernahm, als mächtigste Unternehmensgruppe in der US-Kleinwaffenindustrie. Neben Bushmaster verleibte sie sich auch die Gewehrproduzenten Remington und den Flintenhersteller H & R ein. Ein Waffengeschäft, das durchaus einträglich ist, im Vorjahr machte man zwar bei einem Umsatz von 775 Millionen Dollar rund 6,7 Millionen Euro Verlust, was aber in erster Linie einer Dividendenausschüttung geschuldet war. Im jüngsten Quartal wurde ein Gewinn von 16,1 Millionen Dollar verbucht, der Umsatz konnte um knapp ein Fünftel erhöht werden.
Cerberus übernahm Bushmaster im Jahr 2006 und führte es mit anderen Unternehmen zur Freedom Group zusammen. Eine Schwesterfirma von Bushmaster ist etwa das Traditionsunternehmen Remington. Auch andere Finanzinvestoren sind im Waffengeschäft aktiv. So besitzt das Unternehmen Sciens Capital Management Anteile an Colt - Hersteller des gleichnamigen Revolvers.
Nach dem Massenmord in Connecticut kam auch an Finanzinvestoren Kritik auf. So forderte der frühere New Yorker Gouverneur Eliot Spitzer am Montag in einem Gastbeitrag von den Pensionsfonds, Druck auf Cerberus auszuüben. In einem Beitrag für die "New York Times" kritisierte zudem der einflussreiche Wirtschaftskolumnist Andrew Ross Sorkin, dass die Freedom Group und andere Hersteller nach der Gewalttat schwiegen