Dublin/Wien. (da) Das Image der Banker hat unter der Finanz- und Wirtschaftskrise extrem gelitten. Als raffgierig, menschenverachtend und überheblich wurden sie teils dargestellt - und das in Einzelfällen nicht zu Unrecht, wie nun von der Zeitung "Irish Independent" veröffentlichte Gesprächsmitschnitte zeigen. Sie legen etwa offen, dass Top-Manager der mittlerweile bankrotten Anglo Irish Bank 2008 bei der irischen Zentralbank den Bedarf für einen Überbrückungskredit mit der Fantasiezahl von sieben Milliarden Euro gemeldet haben, um eine Pleite des Kreditinstituts abzuwenden. Er habe sich diese Summe "aus dem Arsch gezogen", witzelte John Bowe, Kapitalmarktchef der Bank, gegenüber Kollegen am Telefon.

Jene sieben Milliarden werde man "zurückzahlen, wenn wir das Geld haben - also nie", höhnte Bowe damals. Dem Management der kriselnden Anglo Irish war also stets bewusst, wie hoffnungslos die Lage des Unternehmens war. Einige Monate später wurde die Bank verstaatlicht, mehr als 30 Milliarden Euro kosteten die Machenschaften die Steuerzahler auf der grünen Insel.

Mit der Rettung von Anglo Irish und fünf weiteren Banken geriet Irlands Wirtschaft in Schieflage. Das zuvor bewunderte Modell des sogenannten "Keltischen Tigers" mit niedrigen Steuersätzen, hoher Dichte an Ansiedlungen von Weltkonzernen wie Google oder Amazon sowie einem enormen Preisanstieg bei Häusern verblasste mit einem Schlag. 64 Milliarden Euro kostete die Rettungsaktion. Irland musste als erster EU-Staat unter dem europäischen Rettungsschirm Schutz suchen, die Staatsschulden stiegen rasant auf 118 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Ex-Regierung mit im Boot?

Empört reagieren die Iren auf die Protokolle - von denen bisher nicht bekannt ist, wie sie den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Der konservative Ministerpräsident Enda Kenny hat eine Untersuchung angekündigt. Diese soll klären, warum die Banker trotz der offensichtlich hoffnungslosen Lage ihres Instituts Staatshilfen erhielten.

Kenny zufolge ist auch offen, ob Anglo Irish die Politiker und Irlands Zentralbank "lediglich" belogen haben - oder gar mit ihnen kooperierten, um das Wirtschaftsmodell mit dem boomenden Immobilienmarkt so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Denn bis dahin verdiente der irische Fiskus exzellent an den Immobilientransaktionen.

Aufsehen erregte die Veröffentlichung ebenfalls in Deutschland. Denn mit "Deutschland, Deutschland über alles", der heute nur noch von Rechtsextremen intonierten ersten Strophe des "Deutschlandliedes", quittierte Bankmanager Bowe die Bemühungen von Anglo Irish um Kapitalspritzen von deutschen Großinvestoren. "Wir sind verletzt. Man sollte die fütternde Hand nicht beißen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, am Mittwoch.

Zeitgleich mit dem Eklat wächst in Deutschland die Sorge, ausländische Banken könnten über die vereinbarte Europäische Bankenunion zu einem Risiko für die deutschen Steuerzahler werden. Zwischen 800 Millionen und 1,4 Milliarden Euro betrage die Summe fauler Kredite in Europa, schätzt die Deutsche Bank.