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Das Ende der Warteschlangen?

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Geht das nicht schneller? Wer nach Münzen kramt, riskiert den Unmut der anderen Kunden.
© Foto: fotolia

Kleinbeträge bis 25 Euro können ohne Code und Unterschrift bezahlt werden.


Wien. Wer ärgert sich nicht über Supermarktkunden in der Schlange, die Münze für Münze aus ihrer Geldbörse kramen und damit andere Wartende aufhalten? Kontaktlos zu zahlen ist dagegen in weniger als einer Sekunde erledigt. Weil neu ausgegebene Bankomat- und Kreditkarten mit dem NFC-Funkchip ausgestattet sind, rüsten nun Händler und Systemgastronomen ihre Lesegeräte auf. 70 Prozent der großen Händler wollen in innovative Bezahlverfahren wie NFC (Near Field Communication) investieren, wie eine Studie des Kölner EHI Retail Institute ergeben hat. Auch in das Bezahlen mit Smartphone kommt Bewegung.

Praktisch an der neuen Bezahlvariante ist vor allem, dass für Transaktionen bis 25 Euro weder Unterschrift noch PIN-Code nötig sind. Bankomat-, Kredit- und Quick-Wertkarten mit NFC-Funktion müssen nur an das Lesegerät gehalten werden (siehe Kasten). "Gerade im Convenience-Bereich und überall da, wo es besonders rasch gehen soll, ist die sekundenschnelle Kontaktlos-Abwicklung ein Riesenvorteil", sagt Peter Neubauer, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Kartenanbieter Paylife.

Handy ersetzt die Geldbörse

Der Salzburger Einzelhändler Spar hat in allen Filialen seine Kartenlesegeräte umgestellt, sodass sie die Funk-Technologie unterstützen. "NFC-Bezahlung bringt unseren Kunden mehr Bequemlichkeit und weniger Wartezeit an den Kassen", sagt Hans K. Reisch, Spar-Vorstandsvorsitzender für Finanzen. Der Vorgang verkürze sich gegenüber herkömmlicher Karten- oder Bargeldzahlung von 20 auf 5 Sekunden.

Konkurrent Rewe bietet in den 260 Wiener Billa-Filialen Kontaktlos-Zahlung mit Bankomat-, Kredit- oder Quick-Wertkarte an. Die Terminals in den Merkur Märkten werden ab 2014 umgestellt, kündigt Rewe-Sprecherin Ines Schurin an. Auch in einigen Filialen des Diskonters Hofer und in Nordsee-Restaurants kann ohne Code bezahlt werden. Zielpunkt hat bereits im November 2011 die Lesegeräte umgestellt, mittlerweile wird die neue Technologie in allen knapp 280 Filialen angeboten.

Zu den Pionieren des Kontaktlos-Bezahlens zählt Mpreis. Beim Tiroler Lebensmittelhändler ist neben der Kartenzahlung per Funk auch Handy-Zahlung möglich - allerdings nur für Kunden der Hypo Tirol. Nach Öffnen der Smartphone-App "Secure Shopping" muss ein PIN-Code eingegeben werden, am Handydisplay erscheint ein Strichcode. Mit dem Scannen des Codes wird der Bezahlvorgang ausgelöst und der Betrag direkt vom Girokonto abgebucht. "Die App stellt den Bezahlcode zur Verfügung, die sensiblen Daten bleiben aber im Rechenzentrum der Bank", betont Michael Suitner, Geschäftsführer des Innsbrucker Entwicklers Secure Payment Technologies. Im Herbst dieses Jahres startet die "Secure Shopping"-App mit neuen Partnern österreichweit.

Auch die Wiener Agentur IQ Mobile arbeitet für Händler an Lösungen fürs Bezahlen via Smartphone. In die Programme werden standardisierte Bezahllösungen von Kreditkartenanbietern wie Visa VPay oder Mastercard Mpass integriert. "Die Handy-App wird somit zur Kreditkarte", sagt IQ-Mobile-Geschäftsführer Harald Winkelhofer. Die App kann auch mit Kundenkartendaten verknüpft werden, Kreditkartendaten werden jedoch nicht auf dem Telefon gespeichert.

Nicht fortgesetzt wird hingegen ein Pilotprojekt von A1 mit Merkur und McDonald’s zum Handybezahlen via NFC.

Sicherheit als Kriterium

"Damit sich kontaktloses Zahlen durchsetzt, muss die Sicherheit gewährleistet werden", sagt Horst Rüter vom EHI Retail Institute. Während die Anbieter betonen, dass NFC-Zahlungen ebenso sicher wie traditionelle Kartenzahlung sind, sehen Konsumentenschützer auch Kritikpunkte. Demnach ist bei den meisten Banken die Kontaktlos-Funktion automatisch auf der Karte aktiviert - die Kunden werden also "zwangsbeglückt". Umstritten ist, ob unabsichtlich Beträge abgebucht werden können. Die Karte darf höchstens vier Zentimeter vom Lesegerät entfernt sein, und der Terminal muss dafür aktiviert werden.

Probleme ortet der Verein für Konsumenteninformation (VKI) bei Haftungsfragen und fordert daher Banken auf, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu ändern. Einige Banken haben ihr Kleingedrucktes bereits angepasst und übernehmen den Schaden bei missbräuchlicher Verwendung nach Verlust oder Diebstahl. Zudem wird nach einigen kontaktlosen Transaktionen eine herkömmliche Kartenzahlung verlangt, bei der die Karte in das Lesegerät gesteckt werden muss.

Noch wird hierzulande selten berührungslos bezahlt - doch die Verwendung wird mit der Anzahl von kontaktlosen Terminals und Karten sprunghaft steigen, erwartet Paylife-Chef Neubauer, der von einem "neuen Zeitalter des Bezahlens" spricht. IQ-Mobile-Chef Winkelhofer erwartet hingegen, dass sich kontaktloses Zahlen nur schleppend verbreiten wird: "Österreich ist ein Bargeldland. Es wird noch lange dauern, bis die neue Bezahlmethode beim Endkunden verbreitet ist." Damit könnte sich wohl die Hoffnung auf kürzere Warteschlangen nur langsam erfüllen.

Information: Kontaktloses BezahlenDie häufigsten Fragen rund ums kontaktlose Zahlen:Was bedeutet NFC?
NFC (Near Field Communication, zu Deutsch "Nahfeldkommunikation") ist eine Technologie zur Datenübertragung, bei der die Geräte und Karten auf wenige Zentimeter aneinander gehalten und dadurch Daten ausgetauscht werden.

Wie funktioniert Kartenzahlung per Funk?
Kunden mit einer NFC-fähigen Bankomat- oder Kreditkarte (erkennt man an den NFC-Logos auf der Karte) können kontaktlos bezahlen. Nach dem Start des Bezahlvorganges erscheint am Display des Terminals der zu bezahlende Betrag mit der Aufforderung, die Kreditkarte oder Bankomatkarte an das Lesegerät zu halten. Die Karte muss nahe an das Lesegerät gehalten werden. Innerhalb von weniger als einer Sekunde ist die Transaktion abgeschlossen.

Bis zu welchem Betrag kann kontaktlos gezahlt werden?
Mit Bankomat-, Kredit- und Quick-Wertkarten können Einkäufe bis 20 oder 25 Euro (je nach Anbieter) kontaktlos bezahlt werden, bei höheren Beträgen autorisiert der Kunde die Bezahlung wie bisher durch Eingabe des PIN-Codes. Mit kontaktlosen Quick-Wertkarten können Einkäufe bis zum geladenen Betrag (maximal 400 Euro) beglichen werden.

Wie kann mit dem Smartphone bezahlt werden?
Händler lassen dazu eigene Applikationen (Apps) programmieren – beim Tiroler Händler Mpreis ist beispielsweise die App Secure Shopping für Kunden der Hypo Tirol im Einsatz. Nach dem Öffnen der App wird ein Barcode vom Handydisplay gescannt, der Betrag wird direkt vom Konto abgebucht. Andere App-Entwickler in Deutschland lassen einen QR-Code am Smartphone erstellen, der an der Kassa gescannt wird.

Wie wird die Sicherheit garantiert und vor Missbrauch geschützt?
Der Händler muss das Terminal für jede Bezahlung extra aktivieren, und die Bezahlung ist nur aus geringer Distanz möglich (maximal vier Zentimeter). Zur Verifizierung des Karteninhabers verlangt das System in regelmäßigen Abständen Transaktionen mit Eingabe eines PIN-Codes oder mit Unterschrift. Kontaktlose Transaktionen sind ebenso sicher wie herkömmliche Kartenzahlungen, heißt es von den Kartenanbietern.