München. Der Skandal um das größte deutsche Bierkartell weist laut Informationen des Nachrichtenmagazins "Focus" noch deutlich größere Dimensionen auf als ursprünglich angenommen. Laut den Ermittlungsakten des deutschen Bundeskartellamts dürften die führende Brau-Konzerne nämlich bereits seit knapp zwei Jahrzehnten illegale Preisabsprachen getroffen haben.
So soll etwa der Vertriebschef der Großbrauerei Veltins, Volker Kuhl, bei seiner Vernehmung am 31. Jänner 2013 bei den Wettbewerbshütern eingeräumt haben, dass die Bierpreiserhöhungen in seiner 17 Jahre währenden Amtszeit immer folgendermaßen abgelaufen seien: "Die Premium-Marken haben sich als Nebenthema zu einem Treffen (etwa Fasspfand, Marke oder Verpackung) oder telefonisch über eine Bierpreiserhöhung abgestimmt." Entsprechende Pläne hätten die Konzerne dann an die mittleren und kleineren Produzenten weitergegeben. "Dann ist es oftmals zu einer branchenweiten Bierpreiserhöhung gekommen."
Ähnliches räumte laut "Focus" auch die Bitburger-Gruppe ein. Die Aussagen stehen demnach im Anhörungsschreiben des Kartellamts an die beschuldigten elf Brauereien sowie die Spitzen des Brauereiverbandes Nordrhein-Westfalen. Bisher war dem Bericht zufolge nur bekannt, dass die größten Bier-Konzerne in Deutschland in den Jahren 2006 und 2008 bei den Flaschen- und Fassbierpreisen Absprachen getroffen haben sollen. Die Kartellbehörden äußerten nach "Focus"-Informationen in ihrem mehr als 100-seitigen Ermittlungsbericht die Vermutung, dass die Preisabsprachen 2006 und 2008 "mit hoher Wahrscheinlichkeit nur die Spitze eines Eisbergs" darstellten. Ein Sprecher der Wettbewerbskontrolleure wollte sich dem Magazin zufolge "im laufenden Verfahren dazu nicht äußern".
Sollte sich auch der neue Verdacht bestätigen, drohen den Brauereien Bußgelder, die zusammengenommen einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen. Eine ähnlich hohe Strafe musste bereits der niederländische Brauereikonzern Heineken leisten, der 2007 zur Zahlung von knapp 200 Millionen Euro verurteilt worden war. Die EU-Wettbewerbshüter hatten Heineken sowie zwei weitere Brauereien für schuldig befunden, von 1996 bis 1999 in den Niederlanden Bierpreise abgesprochen zu haben.