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Die dunkle Seite der Schokolade

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Südwind-Kampagnenleiter: "In vielen Schokoprodukten steckt Kinderarbeit."


Wien. 6,3 Kilogramm Schokolade verputzt ein Österreicher durchschnittlich pro Jahr - besonders vor Weihnachten wird viel Süßes genascht. Mit gutem Gewissen lassen sich jedoch nur wenige Produkte genießen, wie ein Test von 23 Schoko-Nikoläusen und -weihnachtsmännern ergeben hat: Drei Nikolos konnten sowohl bei ökologischen, sozialen und Tierschutz-Kriterien überzeugen, weil sie sowohl Bio- als auch Fairtrade-zertifiziert sind. Grünes Licht bekamen EZA, Schönenberger und Zotter im Test von Greenpeace, Südwind, dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und der Gewerkschaft Pro-Ge. Problematische Zusatzstoffe wurden nicht gefunden.

Bio ist nicht gleich fair

"Zwar werden mehr Bio-Produkte angeboten, jedoch oft ohne Zertifizierung für faire Produktion", kritisiert Greenpeace-Konsumentensprecherin Claudia Sprinz. Das größte Manko sei die fehlende Rückverfolgbarkeit von nicht zertifizierter Schokolade, sagt Bernhard Zeilinger, Leiter der Südwind-Kampagne "Make Chocolate Fair!". Bei diesen Produkten könne nicht nachvollzogen werden, ob in der Kakaoproduktion existenzsichernde Löhne bezahlt und Kinder zur Arbeit eingesetzt werden. "Man kann davon ausgehen, dass in vielen Schokoprodukten Kinderarbeit steckt", sagt Zeilinger, der rät, auf das EU-Bio-Siegel und Fairtrade-Logo zu achten.

Für mehr als 5,5 Millionen (Klein-)Bauern in Entwicklungsländern ist Kakao die Haupteinnahmequelle. Der Anbau ist arbeitsintensiv und kaum rentabel: Die Schoten werden händisch geerntet und mit Macheten aufgeschlagen, dann werden die Bohnen getrocknet. Über Zwischenhändler kommt der Rohstoff zu Exporteuren, die ihn an Industriestaaten liefern. Der Ertrag der Bauern schmilzt: Kakaobauern erhalten laut Südwind sechs Prozent vom Verkaufspreis einer Tafel Schokolade. 1980 waren es noch 16 Prozent. In den Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana arbeiten zwei Millionen Kinder auf Kakaofeldern, in der Elfenbeinküste werden laut Südwind 200.000 Kinder von Händlern gekauft und als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Gefährlich sei der sorglose Umgang mit giftigen Pflanzenschutzmitteln.

Mehr Transparenz gefordert

Fünf Großkonzerne dominieren die weltweite Schokolade- und Süßwarenproduktion: Mars, Mondelez International, Nestle, Hershey’s und Ferrero. In Österreich steht allein die Mondelez-Marke Milka für die Hälfte des Schokoladeumsatzes von 170 Millionen Euro. Dahinter folgen laut AC Nielsen mit Abstand Lindt (neun Prozent Marktanteil) und Ritter Sport (sieben Prozent Marktanteil). Fair gehandelte Schokolade ist derzeit eine Nische. Es sei auch eine Preisfrage, sagt VKI-Geschäftsführer Franz Floss. Zwar werden Produktionsbedingungen wichtiger beim Einkauf. "Konsumenten sind aber nur bereit, einen Preisaufschlag von 10 bis 15 Prozent zu zahlen."

Die heimische Süßwarenindustrie zeigte sich am Donnerstag für eine engere Zusammenarbeit mit den NGOs bereit. Die Marke Manner bezieht seit 2012 für Waffeln und Schnitten UTZ-zertifizierten Kakao. Die Milka-Mutter Mondelez kooperiert mit Rainforest Alliance. Beide Zertifizierungen gelten als weniger streng als Fairtrade. Hersteller wie Lindt & Sprüngli verfolgen eigene Programme für nachhaltigeren Kakaoanbau.

"Wirklich helfen wird den Bauern auf Dauer nur, wenn sie höhere, langfristig stabile Preise für ihre Ware erhalten", heißt es in der Südwind-Studie "Die dunklen Seiten der Schokolade". Von den Unternehmen wird mehr Transparenz in der Lieferkette gefordert. Diese lässt zu wünschen übrig, sagt Zeilinger: "Konsumenten sollten daher bei den Herstellern Informationen zur Herkunft des Produktes einfordern."

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