Berlin. Der mögliche Wechsel des früheren deutschen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Deutschen Bahn sorgt für heftige Kritik. Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei bewerteten die Personalie am Freitag negativ. Auch die Antikorruptionsorganisation Transparency International schloss sich der Kritik an.
Der Parlamentarische Staatssekretär im deutschen Justizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte der "Passauer Neuen Presse", es entstehe der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird". Schließlich sei Pofalla "nicht als Technikvorstand" im Gespräch. Sollten sich die Berichte über einen Wechsel des CDU-Politikers bestätigen, gehe es der Konzernführung einzig und allein um die Regierungskontakte Pofallas, sagte Kelber. Es sei "nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine erkennbar auf Lobbyismus gerichtete Funktion wechselt".
Unternehmensstrategie
Pofalla will nach Informationen der "Saarbrücker Zeitung" in den Bahnvorstand wechseln. Er soll dort ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfassen soll, wie die Zeitung unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise in Berlin berichtete. Die Bahn wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Der 54-jährige Pofalla hatte seinen Posten im Kanzleramt Ende des Jahres geräumt und angekündigt, er wolle nur sein Bundestagsmandat behalten.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte der "Passauer Neuen Presse", wenn Pofalla tatsächlich in den Bahnvorstand wechsle, habe dies "nicht nur ein Geschmäckle, sondern ist das empörend". "Es kann nicht sein, dass es einen nahtlosen Rollenwechsel vom Gerade-Noch-Kanzleramtsminister zum Lobbyisten eines Konzerns gibt."
Auch Linken-Chefin Katja Kipping forderte in der "Passauer Neuen Presse" eine gesetzliche Regelung für Politikerwechsel in die Wirtschaft. "Wir brauchen eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind", sagte sie. "So ein Wechsel würde sich eigentlich allein aus politischem Anstand verbieten", fügte sie hinzu.
Transparency International forderte die Große Koalition aus Union und SPD auf, einen Wechsel Pofallas zu unterbinden. Die SPD habe vor der Bundestagswahl eine Karenzzeit für scheidende Regierungsmitglieder von 18 Monaten gefordert, sagte Transparency-Deutschland-Geschäftsführer Christian Humborg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Daran müsse sich "die SPD nun messen lassen".