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Schutz vor Internet-Abzocke

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Paket retour: Die Übernahme der Rücksendekosten beruht künftig auf Kulanz.
© fotolia/Jürgen Fälchle

Verbraucherrechte-Richtlinie gilt etwa für Online-Einkauf und Hotel-Buchungen.


Wien. Ab Mitte des Jahres können sich Verbraucher bei Onlinehändlern länger mit einem Rücktritt Zeit lassen, die Rücksendekosten muss künftig aber grundsätzlich der Kunde übernehmen. Das regelt die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, die ab 13. Juni 2014 in der EU für im Fernabsatz (Online- und Versandhandel, Teleshopping, Buchungstools auf Hotel-Websites) und bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen gilt. Auch der stationäre Handel ist betroffen, insbesondere von den neuen Regeln zu den Allgemeinen Informationspflichten.

Österreichs Gesetzesentwurf hat Verspätung

Bis 13. Dezember 2013 mussten die Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen - diese Frist hat Österreich verpasst. Vor wenigen Tagen wurde nun ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt.

Positiv für Verbraucher ist, dass sie bald ohne Grund 14 Kalendertage lang vom Vertrag zurücktreten können - bisher waren sieben Werktage vorgesehen, erklärt Petra Leupold, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Die Frist läuft ab Erhalt der Ware, bei Dienstleistungen ab Vertragsabschluss. Das Unternehmen muss über das Widerrufsrecht aufklären, sonst kann der Kunde 12 Monate und 14 Tage lang vom Vertrag zurücktreten. Bisher war diese Frist bei Haustürgeschäften unbegrenzt. Händler müssen ein Muster-Widerrufsformular verpflichtend zur Verfügung stellen.

Das Unternehmen darf einen im Voraus bezahlten Betrag allerdings so lange einbehalten, solange die zurückgesendete Ware nicht bei ihm eingetroffen ist oder die Rücksendung vom Verbraucher nachgewiesen wird. "Wenn der Unternehmer dennoch nicht zahlt, muss der Kunde das Unternehmen klagen. Damit wird dem Verbraucher die Prozessinitiative aufgebürdet. Das ist problematisch, weil Konsumenten normalerweise erfahrungsgemäß eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung scheuen", sagt Leupold.

Zusatzleistungen dürfen nicht voreingestellt sein

Um Konsumenten vor Abzocke im Internet zu schützen, müssen unmittelbar vor der Bestellung Preis, Lieferkosten, Mindestlaufzeiten sowie wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung klar und verständlich angezeigt werden. Der Verbraucher muss die Bestellung ausdrücklich bestätigen.

Die Schaltfläche, auf die der Nutzer klickt, muss mit "Kaufen", "Zahlungspflichtig bestellen", oder "Kostenpflichtig bestellen" gekennzeichnet sein (Button-Lösung). Buttons mit der Aufschrift "Bestellen" oder "Weiter" sind nicht erlaubt. Für Extrazahlungen muss der Unternehmer ausdrücklich die Zustimmung des Verbrauchers einholen. Zusatzleistungen wie Reiseversicherungen dürfen auf der Bestellseite nicht vorangeklickt sein.

In Deutschland unterliegen - über die EU-Richtlinie hinaus - auch Finanzdienstleistungen und Pauschalreisen künftig den Regeln, in Österreich sind diese dem Begutachtungsentwurf zufolge ausgenommen. Allerdings sollten sich Anbieter, die sich auch an deutsche Kunden wenden, an deutschem Recht orientieren. Für Sozial- und Gesundheitsdienstleistungsverträgen gilt die Button-Lösung auch in Österreich, tritt aber laut Entwurf erst am 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Risiko beim Transport trägt künftig der Versender

Die Kosten für Retouren trägt der Käufer grundsätzlich selbst, die Übernahme der Kosten ist künftig Kulanz. Darauf muss das Unternehmen auch hinweisen (in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen), sonst muss der Verbraucher die Kosten nicht tragen. Spannend wird, ob Retouren bei Online- und Versandhändlern wie Amazon und Zalando künftig tatsächlich nicht mehr kostenlos sein werden.

Im Fall eines Rücktritts müssen Konsumenten künftig kein Benützungsentgelt mehr leisten, wenn sie die bestellte Ware über die Überprüfung des Gegenstandes hinaus benützen - also ein Kleid tragen oder einen PC für mehrere Stunden in Betrieb nehmen. Stattdessen kann das Unternehmen einen Ersatz für den Wertverlust der Ware verlangen. "Hier werden sich wohl in der Praxis schwierige Abgrenzungsfragen stellen. Auch hier wird die Berechnung eine große Frage sein. Der Europäische Gerichtshof wird für Klarheit sorgen müssen", sagt Leupold. Ebenfalls neu geregelt wird, dass das Unternehmen das Transportrisiko trägt. "Erst bei der Übergabe der Ware geht das Risiko auf den Verbraucher über", sagt die VKI-Juristin.

Mehrwertnummern sind ab 13. Juni 2014 für Kundenhotlines unzulässig. Der Verbraucher muss also nur noch für die Telefonverbindung zahlen. Ein zusätzliches Entgelt für die Information oder Auskunft darf nicht mehr verlangt werden. Außerdem darf das Unternehmen keine Entgelte für Zahlscheine oder für die Verwendung von Kreditkarten vereinbart werden.

Das eigentliche Ziel - Vereinheitlichung und Rechtssicherheit - hat die Richtlinie verfehlt, so Leupold. Zahlreiche Ausnahmen werden ihrer Ansicht nach für Verwirrung sorgen.