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Gärtnern ohne Chemiekeule

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Bellaflora nimmt chemisch-synthetische Dünger aus dem Sortiment.


Wien. Wenn in einigen Wochen die Gartensaison beginnt, lassen auch die Schädlinge nicht mehr lange auf sich warten. Hobby-Gärtner finden Pflanzenschutzmittel seit Jahresbeginn im Fachhandel aber nur mehr hinter Glasscheiben, in Gitterboxen oder Containern. In Selbstbedienung und im Lebensmittelhandel dürfen Mittel gegen Blattläuse, Unkraut oder Pflanzenkrankheiten für den Haus- und Gartenbereich nicht mehr angeboten werden. Das verbietet eine Änderung des Pflanzenschutzgesetzes.

Will der Kunde ein Produkt kaufen, muss er sich an einen Berater wenden. Somit soll sichergestellt werden, dass Kunden über Verwendung, Risiken, Lagerung und Entsorgung von Pflanzenschutzmitteln informiert werden. Ab 2015 muss das Verkaufspersonal einen Sachkundenachweis erbringen, also eine absolvierte Ausbildung oder Schulung. Für Haus- und Kleingärten (bis 500 Quadratmeter) dürfen nur mehr fertig gemischte Kleinmengen verkauft werden. Beim Kauf von Profi-Produkten brauchen Kunden einen Sachkundenachweis.

Falsche Anwendung

"Pflanzenschutzmittel für den Privatgebrauch können hoch toxisch sein", warnt Dominik Linhard von der Umweltschutzorganisation Global 2000. Chemische Spritzmittel töten nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge, die Wirkstoffe gelangen in den Boden und in Gewässer, so der Pestizidexperte. Drei Millionen Haushalte in Österreich verfügen über eigenes Grün in Form von Gärten, Terrassen oder Balkonen. Oft wenden Hobby-Gärtner Pflanzenschutzmittel und Dünger jedoch falsch an: Vom "Schneckenkorn" würde auf einer Fläche von einem A4-Blatt ein einziges Korn ausreichen, Kunden würden aber oft eine ganze Handvoll ausstreuen, heißt es von Bellaflora. Der Pflanzenhändler hat im Vorjahr alle chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel aus den Regalen genommen, nun werden auch alle chemisch-synthetischen Düngemittel ausgelistet. Ab sofort sind nur mehr Pflanzenschutzmittel und Dünger erhältlich, die auf Wirkstoffen natürlichen Ursprungs basieren und für Bio-Landwirtschaft zugelassen sind. Der mineralische Dünger Blaukorn wurde bei Bellaflora beispielsweise durch die biologische Alternative Braunkorn ersetzt.

"Chemisch-synthetisch hergestellte Dünger bestehen hauptsächlich aus Stickstoff, der besonders leicht wasserlöslich ist", sagt Linhard. Ist der Boden übersättigt, gelangen die Rückstände ins Grundwasser. "Das enthaltene Nitrat kann zu Problemen im Trinkwasser führen", sagt Linhard. Außerdem werde bei regelmäßiger chemisch-synthetischer Düngung die Artenvielfalt beeinträchtigt. Abgesehen von den Folgen für die Umwelt sei auch der Aufwand und der Verbrauch an fossiler Energie bei der Herstellung sehr hoch. Durch chemisch-synthetische Dünger verschlechtern sich mit der Zeit die strukturellen und physikalischen Eigenschaften des Bodens und der Humusaufbau geht zu Ende, sagt Isabella Hollerer, Leiterin Nachhaltige Entwicklung bei Bellaflora.

Nützlinge anlocken

Grundsätzlich sollten Pflanzenschutzmittel nicht die erste Lösung gegen Schädlinge oder Krankheiten sein, sagt Linhard. Schnecken-Bekämpfungsmittel mit den Wirkstoffen Metaldehyd, Methiocarb und Thiodicarb sind beispielsweise nicht nur für Schnecken, sondern auch für Regenwürmer, Vögel, Igel, Haustiere und die menschliche Gesundheit schädlich, warnt die Umweltberatung, die von Schneckenkorn abrät. Zuerst sollten Hobby-Gärtner darauf achten, genügend Nützlinge im Garten zu haben, die die Schädlinge fressen. Nützlinge siedeln sich beispielsweise gerne in Holzstapeln, Reisig- und Laubhaufen an. Auch durch Pflanzen können Nützlinge angelockt und Schädlinge vertrieben werden: Ringelblumen und Tagetes sowie Lavendel und Dill hilft gegen Blattläuse; Ysop, Thymian und Pfefferminze gegen Kohlweißlinge. Außerdem können Pheromonfallen und Zäune die Pflanzen schützen, sagt Linhard. Als Hausmittel gelten Kräuterzubereitungen wie Tees, Brühen oder Jauchen. Brennnessel kann beispielsweise zum Pflanzenschutz, aber auch zur Düngung und Stärkung eingesetzt werden.