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Sehnsuchtsort Iran

Von Ronald Schönhuber

Wirtschaft

Westliche Firmen rittern um die beste Startposition im Fall einer Marktöffnung.


Teheran/Wien. Wenn man Heinz Fischer charakterisieren will, dürfen wohl zwei Wörter dabei nicht fehlen: Behutsamkeit und Bedächtigkeit. Entsprechend zurückhaltend verhält sich der Bundespräsident auch angesichts der offiziellen Einladung in den Iran, die am Rande der am Donnerstag in Wien zu Ende gegangenen Atomgespräche erneut ausgesprochen wurde. Die Einladung wurde zwar bestätigt, bei allen darüber hinaus reichenden Details hielt man sich in der Präsidentschaftskanzlei allerdings bedeckt.

Im Fall des Irans ist Fischers Zurückhaltung wohl aber nicht nur seinem politischen Naturell und der Rolle des Amtes geschuldet. Denn der Bundespräsident wäre nicht nur das erste westliche Staatsoberhaupt, das das Land nach der Wahl des als vergleichsweise moderat geltenden Präsidenten Hassan Rohani besucht, sondern er würde dem Vernehmen nach auch von einer größeren heimischen Wirtschaftsdelegation begleitet werden. Und das würde wohl den USA spürbar missfallen, die nach wie vor energisch davor warnen, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran zu intensivieren, solange bei den Atomverhandlungen keine substanziellen Fortschritte erzielt werden und ein Großteil der internationalen Sanktionen noch in Kraft ist. Erst im vergangenen Monat hatte ein hochrangiger US-Regierungsbeamter bei seinem Wien-Besuch deutlich die Bedenken der Amerikaner artikuliert, nachdem eine Gruppe unter der Leitung von Wirtschaftskammervizepräsident Richard Schenz im Dezember mögliche Geschäftsfelder im Iran sondiert hatte.

Doch die Verlockungen des iranischen Marktes scheinen nicht nur für Österreich, dessen gute Beziehungen mit dem Golf-Staat bis zur Habsburger-Monarchie zurückreichen, so groß zu sein, dass man durchaus bereit ist, eine Verstimmung der Amerikaner in Kauf zu nehmen. Und dass der Wettlauf um die beste Startposition nach dem möglichen Ende der Sanktionen längst begonnen hat, ist derzeit schon mehr als offensichtlich.

So besuchten bereits Anfang Februar mehr als 100 Manager großer französischer Unternehmen, darunter der Autobauer Renault, Airbus und der Siemens-Konkurrent Alstom, die Islamische Republik. Die Wirtschaftsdelegation war dabei nicht nur die größte und prominent besetzteste, die Frankreich seit vielen Jahren auf die Reise geschickt hat, sondern genoss auch die offizielle Unterstützung der französischen Regierung. Ebenso in den Startlöchern scharrt die deutsche Wirtschaft. "Iranische Kunden kommen wieder auf ihre ehemaligen Lieferanten zu", sagt Friedrich Wagner, Außenhandelsexperte des Verbands des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus.

Marode Infrastruktur

Dass westliche Unternehmer derzeit mit so großen Hoffnungen in Richtung Iran blicken, hat triftige Gründe. Denn das Land, das derzeit allerorts um Investoren wirbt, verfügt nicht nur über gewaltige Öl- und Gasvorkommen, sondern besitzt mit seinen 76 Millionen Einwohnern auch einen alles andere als unbeträchtlichen Absatzmarkt. Zugleich verfügt der Iran über eine große Zahl junger, arbeitswilliger Menschen, die zumeist auch gut ausgebildet sind. Gute Geschäftschancen wittern die westlichen Firmen nicht zuletzt im Infrastrukturbereich. Fast alles hier muss dringend modernisiert werden, nachdem der jahrelange Boykott das Land ökonomisch in die Knie gezwungen hat.

Von einer Öffnung des iranischen Marktes würden Experten zufolge vor allem Baufirmen, Maschinenbauer und der Automobilsektor profitieren. So verkaufte etwa PSA Peugeot Citroen im Jahr 2011 noch mehr als 455.000 Fahrzeuge im Iran, damit war das Land der zweitgrößte Absatzmarkt nach Frankreich. Und angesichts des chronisch veralteten Fahrzeugbestands in der Islamischen Republik, scheint die Hoffnung nicht unbegründet, nach dem Ende der Sanktionen noch einmal deutlich mehr Autos verkaufen zu können.

Aus österreichischer Sicht dürfte wohl die OMV am meisten von einer Rückkehr in den Iran profitieren. Unter anderem könnte der Energiekonzern ein 2007 geschlossenes Abkommen mit dem Iran über die Exploration von Gasvorkommen wiederaufnehmen, das er wegen des politischen Drucks auf Eis gelegt hat. OMV-Chef Gerhard Roiss hatte sich bereits im Dezember mit dem iranischen Ölminister Bijan Nmadar Zanganeh getroffen, als dieser Wien besucht hatte. "Es ist wichtig, mit dem Iran im Dialog zu sein", sagte Roiss bei der OMV-Bilanzpressekonferenz am Mittwoch. "Und das sind wir."