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Was der Strichcode Verbrauchern verrät

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Online-Produkthandbuch Codecheck listet bereits 15 Millionen Artikel auf.


Wien. Stellen Sie sich vor, Ihr Kühlschrank könnte die Produkte, die Sie dort einlagern, bewerten und würde alle Waren, die einer ausgewogenen Ernährung zuwiederlaufen, einfach wieder ausspucken. Salami-Baguette: zu viel Salz, Fruchtjoghurt: zu viel Zucker, Tortellini in Käsesauce: zu viel Fett. Also raus damit.

Der intelligente Kühlschrank existiert bis jetzt leider nur in der Vorstellung von Roman Bleichenbacher. Der Schweizer ist Schöpfer und Designer des Online-Produkthandbuchs Codecheck.info, das einen Überblick über die Inhaltsstoffe, Labels, Nährwerte, Hersteller und Herkunft von rund 15 Millionen Lebensmitteln und Drogerieartikeln bietet, sofern sie einen Strichcode tragen.

"Täglich kommen 200 bis 300 neue Produkte dazu", erzählt Bleichenbacher im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der Besucher der Website gibt im Suchfeld ein Stichwort oder die zum Strichcode gehörende Nummer ein, und schon werden die Informationen am Bildschirm angezeigt. Smartphone-Besitzer können den Code schon im Supermarkt über eine App einscannen. Dann landet das überzuckerte Müsli erst gar nicht im Einkaufskorb.

Hormone in der Bodylotion - Nein, danke

Codecheck arbeitet mit Organisationen wie WWF, Greenpeace, Öko-Test oder Bund (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) zusammen, die dem gemeinnützigen Verein ihr Expertenwissen zur Verfügung stellen.

Seit kurzem spürt Codecheck auch hormonell wirksame Chemikalien in Kosmetikprodukten auf. Laut einer Studie des Bund enthält fast jeder dritte Körperpflegeartikel auf dem deutschsprachigen Markt hormonell wirksame Chemikalien, die mit Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht werden, die in den vergangenen Jahrzehnten weltweit verstärkt aufgetreten sind. Vor allem hochpreisige Marken und Markenführer sowie Eigenmarken großer Händler sind davon betroffen. Naturkosmetik ist dagegen nicht belastet.

Der Entwurf des Kühlschranks, der minderwertige Produkte erkennt und rauswirft, war Bleichenbachers Abschlussarbeit an der Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst. Von da war es nur mehr ein kurzer Weg zum Sozialunternehmen Codecheck.

Die Diplomarbeit zum Thema Produkterkennung, die von Anfang an als Prototyp auf dem Internet lief, stieß unerwartet auf ein riesiges Echo: Eine Welle von E-Mails schwappte über Bleichenbacher, und drei Preise, der Switch Innovation Prize (2004), der Eidgenössische Förderpreis für Design (2005) und der Prix Ars Electronica (2006), würdigen das Projekt. Bleichenbacher baute in der Folge seine Abschlussarbeit mithilfe seines Bruders und anderer Freiwilliger zur Konsumentenplattform aus. Dort findet auch ein reger Gedankenaustausch statt.

Codecheck wurde von zwei Stiftungen mit einer Anschubfinanzierung unterstützt und generiert Einnahmen aus dem Shopfinder, der die Bezugsquellen für die in der Datenbank erfassten Produkte angibt, sowie aus Bannerwerbung auf der Plattform.

Die Vision Bleichenbachers: "Codecheck soll sich zu einem Werkzeug entwickeln, das die Art und Weise des Konsumierens verändert. Konsumenten sollen sich überlegen können, welches Produkt und welche dahinterstehenden Werte sie mit ihrem Kaufentscheid unterstützen wollen." Schlussendlich soll also virtuell jener Feinschmecker-Kühlschrank entstehen, der von Roman Bleichenbacher zu Beginn als Diplomarbeit geplant war.