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Verschlankungskur

Von Steve Slater

Wirtschaft

Barclays streicht 19.000 Jobs und gründet eine milliardenschwere "Bad Bank".


London. (reu) Flaute im Kerngeschäft und härtere Auflagen der Regulierer: Die britische Großbank Barclays zieht die Notbremse und verschärft ihren Sparkurs. Bis 2016 sollen mindestens 19.000 der weltweit 140.000 Jobs wegfallen. Allein im Bereich Investmentbanking müssen 7000 gehen, weil die einstige Gewinnmaschine nach Ansicht von Vorstandschef Antony Jenkins inzwischen viel zu viel Kapital verschlingt. Ballast von 90 Milliarden Pfund (110 Milliarden Euro) wird in eine interne "Bad Bank" geschoben, wie sie bereits viele andere Geldhäuser seit der Finanzkrise haben. Auch das europäische Privatkundengeschäft außerhalb des Heimatmarktes - im Umfang von rund 30 Milliarden Euro - landet auf dieser Reste-Rampe. Nur Afrika bleibt als Wachstumsmarkt auf dem Radar.

Jenkins will Barclays so schlank wie möglich machen: "Wir werden in Zukunft dünner, einfacher und stärker sein", erklärte er am Donnerstag. Anleger bejubelten die Nachrichten, über die am Markt seit Tagen spekuliert worden war. Die Barclays-Aktie zog um fast sechs Prozent an und war damit der stärkste Wert im europäischen Banken-Index.

Investmentbanking ist out

Seit seinem Amtsantritt im August 2012 hat Jenkins, der selbst aus dem Privatkundengeschäft kommt, mehrere Anläufe unternommen, um Barclays besser auszubalancieren. Einst hatten dort unangefochten die Investmentbanker das Sagen - bis der langjährige Konzernchef Bob Diamond über den teuren Skandal um manipulierte Zinssätze stürzte. Doch Experten monieren seit langem, in Sachen Bilanzbereinigung und Kapitalstärkung hinkten die meisten europäischen Geldhäuser trotz groß angelegter Strategiewechsel ihren US-Rivalen hinterher. Der Druck ist noch einmal gestiegen, seit strengere Kapitalvorgaben der Aufseher viele Handelsgeschäfte im Investmentbanking teurer gemacht haben, während der Markt insgesamt schrumpft. "Das regulatorische Umfeld hat sich substanziell verändert und wir müssen darauf reagieren", fasste Jenkins die Lage zusammen.

Anders als etwa die Deutsche Bank, die trotz des schwierigen Marktumfelds bislang noch vergleichsweise moderat spart, schneidet Barclays tief ins Fleisch. Allein in der Investmentbank müssen 7000 Leute gehen. Die früheren Träume, mit den Größen an der Wall Street wie Goldman Sachs mithalten zu können, sind begraben. Jenkins erklärte, er glaube nicht daran, dass die nun schon seit mehreren Quartalen anhaltende Flaute im Handel mit festverzinslichen Wertpapieren, Devisen und Rohstoffen nur vorübergehender Natur ist. Barclays könne das auch nicht einfach aussitzen, wenn die Bank rentabler werden wolle.

Also schiebt Jenkins 90 Milliarden Pfund an Bilanzrisiken aus dem Kapitalmarktgeschäft in die "Bad Bank". Das bedeutet konkret den Rückzug aus großen Teilen des Rohstoff- und Derivate-Bereichs. Auch das Asien-Geschäft wird zurückgefahren, Kernmärkte sollen künftig Großbritannien und die USA sein. "Wir werden nicht mehr versuchen, überall alles zu machen", erklärte der Bankchef. Für Branchenexperten sind das spannende Umwälzungen. "Das kann für ein Haus wie die Deutsche Bank durchaus Chancen eröffnen - oder aber den Druck erhöhen, mit ähnlich ehrgeizigen Sparplänen nachzuziehen, wenn auf Dauer die Ergebnisse nicht stimmen", sagte ein Analyst, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Basel III im Genick

In in die "Bad Bank" von Barclays kommt auch das Privatkundengeschäft in Italien, Frankreich, Spanien und Portugal. "Hier wäre ein Verkauf von Geschäftsteilen denkbar oder ein Börsengang", sagte Jenkins dem Sender CNBC.

Für den Konzernumbau nimmt die britsche Großbank noch einmal 800 Millionen Pfund in die Hand - zusätzlich zu den bislang einkalkulierten 2,7 Milliarden Pfund. Der Kraftakt soll sich aber spätestens 2016 für die Anleger auszahlen, versprach der 52-jährige Bankenchef. Denn dann peilt Barclays in der Kernbank eine Eigenkapitalrendite von über zwölf Prozent an, im Vorjahr waren es gerade einmal 4,5 Prozent. Die harte Kernkapitalquote nach den strengeren Basel-III-Standards soll bis dahin auf über elf Prozent steigen. Dafür muss sich Barclays ähnlich strecken wie die Deutsche Bank, die bis 2015 die Zehn-Prozent-Marke schaffen will und dazu eine weitere Kapitalerhöhung nicht ausschließt. Die Schweizer UBS, die sich unmittelbar nach der Finanzkrise aus großen Teilen des Investmentbankings zurückzog und seither auf die Vermögensverwaltung setzt, kommt schon heute auf rekordverdächtige 13,2 Prozent.