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Einkaufserlebnis zweiter Klasse

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Kunden kaufen zunehmend über Smartphones und Tablets ein - doch nur wenige Onlineshops sind für mobile Geräte adaptiert.


Wien. Müssen Nutzer ständig auf dem Touchscreen hin- und herwischen, weil nur ein Ausschnitt der Onlineshop-Seite angezeigt wird und lassen sich geöffnete Produktbilder auf dem Smartphone nicht mehr schließen, sind Kunden verärgert - und brechen den Kauf ab. "Viele Onlineshops bieten auf Smartphones und Tablets ein Einkaufserlebnis zweiter Klasse", sagt Hans-Joachim Belz, Inhaber der Agentur Anstrengungslos in Bonn.

Auch wenn in Österreich derzeit noch 88 Prozent der Online-Shopper laut dem E-Commerce-Index des Online-Marktplatzes Rakuten über einen PC einkaufen - immer mehr Konsumenten gehen mit Smartphone oder Tablet ins Internet. Bei Zalando kommen bereits mehr als 35 Prozent der Besuche auf diesem Weg. Sogar viele größere Onlinehändler sind jedoch nicht darauf eingestellt, wie eine Erhebung des E-Commerce-Centers (ECC) Köln und Anstrengungslos ergeben hat, für die mobile Auftritte von zehn der größten deutschen Onlineshops untersucht wurden. Am Smartphone überzeugten Zalando, H&M und Amazon (von jenen Shops, die nach Österreich liefern). Bei den Tablet-Versionen erreichten nur H&M, Tchibo und Esprit eine annehmbare Nutzerfreundlichkeit.

Kleine Händler scheuen Investition in Online-Shop

Mobile Endgeräte spielen derzeit vor allem vor der Kaufentscheidung eine Rolle. 74 Prozent der 16- bis 25-Jährigen suchen über ihr Smartphone im Bett nach Produkten, Preisen und Anbietern, 73 Prozent im Wohnzimmer, wie eine Umfrage unter mehr als 500 Teilnehmern des ECC Köln mit dem Software-Anbieter Hybris ergeben hat. Eine Umfrage von MindTake Research unter 500 Personen zwischen 15 und 69 Jahren zeigt dennoch eine steigende Ausgabebereitschaft beim mobilen Einkaufen. Über das Smartphone werden am liebsten Kleidung und Schuhe bestellt, über Tablets Bücher, E-Books, Zeitungen und Zeitschriften.

Der Großteil der österreichischen Händler verschläft allerdings überhaupt den Trend zum Online-Einkauf, viele Konsumenten bestellen deshalb bei ausländischen Händlern wie bei Amazon. Von 165.000 Händlern in Österreich bieten gerade einmal 8000 eine Bestellmöglichkeit im Internet an, schätzt Ernst Steininger, Berufszweigobmann Versand- und Internethandel der Wirtschaftskammer Wien. "Viele kleine Händler scheuen sich vor einer Investition, deren Potenzial sie nicht einschätzen können", sagt Steininger. Open-Source-Lösungen seien bereits um 1500 bis 2000 Euro umsetzbar. Kosten von 20.000 bis 25.000 Euro hält er für den Onlineshop eines kleineren Betriebes jedenfalls für zu hoch.

Der Verkauf über das Internet birgt Chancen für kleinere Händler, das Verkaufsgebiet zu vergrößern und damit den Umsatz zu steigern. So verschicke ein Uhrenhändler aus Wien seine Produkte in die halbe Welt, erzählt Steininger. "Webshopbetreiber sollten auch in Richtung mobiler Endgeräte denken." Dabei muss nicht unbedingt eine eigene Version für Smartphone, Tablet und PC programmiert werden: Bei einem Responsive Design passt sich das Layout der Seite automatisch an die unterschiedlichen Bildschirmgrößen an. Der Nachteil: Es gibt keine "abgespeckte" Seite für kleinere Bildschirme, dadurch kann das Laden der Seite bei schlechter Verbindung länger dauern. "Die Startseite sollte wenige Bilder beinhalten und übersichtlich gestaltet sein", rät Belz.

Preise beim selben Anbieter variieren je nach Gerät

Getrennte Shop-Versionen für verschiedene Endgeräte oder eigene Apps sind meist auch verantwortlich dafür, dass bei einigen Anbietern Produkte je nach Gerät, mit dem man einkauft, unterschiedlich viel kosten. Bei einem Test der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fehlten manchmal Aktionsangebote, zum Teil veränderten sich Preise von der Suchliste über die Detaildarstellung über den Warenkorb bis hin zur Kasse. Verboten sind Preisunterschiede je nach Gerät nicht, heißt es vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Kunden sollten daher vor einem Kauf die Preise vergleichen.

Die Tester der Verbraucherzentrale ärgerte auch, dass die Navigation mit Daumen und Zeigefinger auf Touchscreens es schwierig bis fast unmöglich machte, Produkte auszuwählen oder sie in den Warenkorb zu legen. "Die Seiten sollten fingerfreundlich gestaltet sein", sagt Belz. Buttons zum Antippen sollten sieben mal sieben Millimeter groß sein und zwei Millimeter Abstand haben. Auch auf ein ansprechendes Design mit Fotos und Videos sollte geachtet werden. Ebenso wichtig ist eine Filterfunktion, um schnell zum gesuchten Produkt zu kommen.

"Ein schöner Shop ist noch lange kein Garant für Umsatz, jeder Kunde kostet Geld", sagt Steininger. Mittels Suchmaschinenmarketing und Social Media werden Kunden auf den Onlineshop aufmerksam. Auch über Marktplätze wie Amazon, Ebay, Rakuten, Etsy oder Dawanda können Kunden angelockt werden.

Händler sollten zudem nicht darauf vergessen, die Logistik so aufzusetzen, dass auch eine größere Nachfrage bedient werden kann, so Steininger. Außerdem betont er, dass Onlinehändler über die Rechte von Kunden (etwa Widerruf) und Händlern in jenen Ländern, in die sie verschicken, Bescheid wissen müssen.