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Zum Geburtstag mehr Platz

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Wirtschaft

Am Freitag feiert Panama das hundertjährige Bestehen des Kanals, der Ausbau stockt immer wieder.


Panama-Stadt. Nur mühsam quälen sich die riesigen Ungetüme Meter für Meter nach vorne. Rund 3000 Tonnen ist jedes dieser 16 Schleusentore schwer, die in diesen Tagen von Kettenfahrzeugen an ihren neuen Platz gezogen werden. Mit Hilfe dieser gigantischen Schachteln will der Panamakanal den Sprung ins neue Jahrhundert schaffen. Am Freitag feiert die neben dem Suez-Kanal wohl wichtigste künstliche Wasserstraße der Welt ihren 100. Geburtstag. Am 15. August 1914 wurde der Panamakanal erstmals befahren, eine neue Lebensader des Welthandels begann zu pulsieren. Vorangegangen waren Jahrzehnte des Baus, die tausenden Arbeitern das Leben kostete, die französischen Erbauer erst in die Pleite und dann in den Wahnsinn trieb. Erst als die USA die Bauarbeiten übernahmen, kam das Megaprojekt voran.

Der Kanal, der auf einer Länge von fast 82 Kilometern den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, ist allerdings in die Jahre gekommen. Mit Milliardeninvestitionen soll er fit gemacht werden für sein zweites Jahrhundert. Eigentlich sollte der ambitionierte Erweiterungsbau am Freitag zum 100. Geburtstag fertig sein und dann auch die Ozean-Riesen der neuen Generation durch das schmale Nadelöhr des mittelamerikanischen Landes lassen. Doch Finanzierungsprobleme und technische Rückschläge ließen den Zeitplan ins Wanken geraten. Immer wieder standen die Bauarbeiten still, weil die Gelder stockten. Mittlerweile wird wieder gewerkt - bis zur nächsten Finanzierungslücke.

Am Aussichtspunkt Miraflores am Rande des Panamakanals wird auch den vielen Touristen deutlich, warum eine Erweiterung dringend notwendig ist. Die Container-Frachter und Kreuzfahrtschiffe haben sich in eine lange Warteschleife eingereiht. Mit jeder Stunde, die sie in einer Warteposition verbringen müssen, steigen die Transportkosten. Nach Angaben der Kanalbehörde ACP nutzten zuletzt im Schnitt fast 14.500 Schiffe, darunter fast 3100 Containerfrachter, die Abkürzung durch die Wasserstraße. So viel Schiffsverkehr sorgt mitunter für Staus an den Zufahrten des Kanals. Das sind nicht die einzigen Probleme: Die aktuelle Dürre in der Region könnte zu Wassermangel und damit zu Problemen führen, das Wassermanagement des Kanals aufrechtzuerhalten.

Panamas Wirtschaft ist vom Kanal abhängig: Er spült rund zehn Prozent der Einnahmen in die Staatskasse des kleinen mittelamerikanischen Lands. Die Expansion soll auch den Wirtschaftsboom stützen. Erst vor zwei Jahren eröffnete der US-Milliardär Donald Trump eine knappe halbe Autostunde vom Kanal entfernt das höchste Hotel Lateinamerikas mit atemberaubendem Blick über die Küste. Rechts und links vom exklusiven Trump Ocean Club sind weitere Wolkenkratzer mit Luxusapartments entstanden. Panama und seine Bankenlandschaft mit 53 Bankpalästen lockt eine ganz spezielle Klientel an: Geldanleger, die in anderen Staaten mit nun deutlich strengeren Finanz- und Steuerkontrollen nicht mehr willkommen sind.

Die 3,9 Milliarden Euro teure Erweiterung - um 1,2 Milliarden mehr als veranschlagt - soll neue Arbeitsplätze generieren. Die sollen zu den ohnehin schon rund 45.000 Jobs hinzukommen, die schon jetzt unmittelbar vom Kanal abhängen. Panamas Ex-Präsident Ricardo Martinelli, eine der treibenden Kräfte des Ausbaus, weiß um die langfristige Bedeutung des Kanalausbaus: "Der Wandel im Handel und in der weltweiten Logistik wird sich auch im neuen Panamakanal widerspiegeln."

10 Prozent der Staatseinnahmen

Panama macht sich nun bereit für die Super-Schiffe. Künftig sollen Ozean-Kreuzer wie die gut 41 Meter breite "Queen Mary 2" den Kanal ebenso passieren können wie Frachter mit 12.000 statt bisher 4000 Containern Transportleistung. Immer größer, immer breiter werden die Schiffe, der Kanal in seiner jetzigen Dimension ist ihnen zu klein geworden.

Der wirtschaftliche Erfolg Panamas weckt auch den Ehrgeiz und den Neid der Nachbarn: Immer wieder denken Kolumbien oder Nicaragua über Konkurrenzverbindungen auf der Schiene oder über Wasser nach. Doch wirklich umgesetzt ist bis heute keine der erträumten Alternativrouten. Der frühere US-Präsident Jimmy Carter, der Ende der 1970 Jahre die Rückgabeverhandlungen leitete, sprach bereits beim Startschuss der Erweiterungsarbeiten im September 2007 den jubelnden Zuhörern aus der Seele: "Der Kanal wird wunderbar gemanagt. Ich bin sehr stolz auf seine Pläne zur Expansion."