Zum Hauptinhalt springen

Der Wert des Wassers

Von Andrea Möchel

Wirtschaft

Die EU-Kommission will die Wiederverwendung von Wasser in Europa forcieren. In Österreich geht die Diskussion um Gebühren für alle Wasserleistungen in die nächste Runde.


Wien. Sauberes Wasser ist in Zukunft eine rare und damit heiß umkämpfte Ressource - darüber sind sich Klimaforscher und Umweltschützer einig. Vor allem der Klimawandel führt zu einer immer höheren Beanspruchung der europäischen Süßwasserressourcen. Dass davon vor allem die Regionen im Süden mit geringem Niederschlag und hoher Bevölkerungsdichte betroffen sind, leuchtet ein. Doch nun warnt die EU-Kommission, dass es "auch in Regionen mit gemäßigtem Klima und intensiver Landwirtschaft, viel Tourismus und starker Industrietätigkeit zu Problemen kommen kann". Wachsende Branchen-Konkurrenz um das kostbare Nass und die Gefährdung hochwertiger Wasserressourcen wären die Folge.

Öffentliche Konsultation

Um diesem Szenario gegenzusteuern, hat die Kommission die Wiederverwendung von Wasser auf ihrer Prioritätenliste ganz nach oben gerückt. In einer öffentlichen Konsultation will die Kommission bis 7. November 2014 wissen, "wie Bürger, Interessenträger, Unternehmen, NGOs und öffentliche Behörden über das Potenzial der Wasser-Wiederverwendung denken und welche EU-Maßnahmen die gefahrlose Wiederverwendung von Wasser fördern könnten".

Tatsächlich wird Wasser in Europa zurzeit kaum wiederverwendet, obwohl die Hälfte der europäischen Bevölkerung in Ländern mit Wasserknappheit lebt. "Ein höherer Wiederverwendungsgrad könnte dazu beitragen, die zunehmenden Probleme der Wasserknappheit und Dürre anzugehen und gleichzeitig das Risiko der Verschmutzung durch Abwasser sowie die Kosten für die Reinigung zu senken", hoffen die Verantwortlichen in der Europäischen Union. Fehlende EU-weite Umwelt- und Gesundheitsstandards für recyceltes Wasser verhindern die erneute Nutzung derzeit aber ebenso wie fehlende Akzeptanz durch die Verbraucher und mangelndes Problembewusstsein der Interessenträger.

Wasserreiches Österreich

"In Österreich gibt es aufgrund der ausgiebigen und ausgezeichneten Wasserressourcen nur einen geringen Grad an Wiedernutzung und dementsprechend keine sehr hohen Anstrengungen in diesem Bereich", betont eine Sprecherin des, für die heimische Wasserqualität zuständigen, Landwirtschaftsministers Andrä Rupprechter.

"Selbstverständlich werden alle Möglichkeiten einer innerbetriebliche Mehrfachverwendung und Kreislaufführung auch in Österreich genutzt, um die Abwasserreinigung möglichst zu entlasten und ressourcenschonend zu produzieren." Generell zeigt man sich im Landwirtschaftsministerium überzeugt, dass eine höhere Wiederverwendung für wasserreiche Länder weniger bringen würde als in südlichen Ländern. "Dort könnte damit sehr wohl ein Beitrag für eine teilweise Linderung der ,Wassernöte‘ geleistet werden", heißt es aus dem Ministerium. "Allerdings kann die Wiederverwendung gereinigten Abwassers nur Teil einer umfassenden Strategie sein. Mindestens ebenso wichtig wäre es, alle Möglichkeiten, einschließlich wirtschaftlicher Steuerungsinstrumente, für einen wirklich sparsamen und sorgsamen Umgang mit Wasser zu nutzen."

Streit um Wasserpreise

Was direkt zur Diskussion um die heimische Wasserpreispolitik führt. Und hier geht, nach einem kürzlich ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der Streit um die Einführung von Gebühren für alle Wasserdienstleistungen soeben in die nächste Runde. Zur Vorgeschichte: Im November 2012 hatte die EU-Kommission die Bundesrepublik Deutschland wegen der zu engen Auslegung des Begriffs "Wasserdienstleistungen" geklagt. Deutschland habe gegen seine Verpflichtungen aus der Wasserrahmenrichtlinie verstoßen, indem es für bestimmte Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Wasserkraft, den Hochwasserschutz, die Schifffahrt oder die Entnahme für Bewässerung und industrielle Zwecke keine Gebühren verlange. Tatsächlich legt Deutschland genauso wie Österreich den Begriff "Wasserdienstleistungen" so eng aus, dass Gebühren lediglich auf Wasserversorgung und Abwassersammlung sowie Abwasserbehandlung und -beseitigung entfallen. Umweltorganisationen kritisieren, dass E-Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft und Tourismus die Ressource Wasser auf Kosten der Allgemeinheit gratis nutzen würden.

Im aktuellen Urteil stellt der EuGH fest, dass die Gebührenfreistellung diverser Wasserdienstleistungen nicht gegen die Wasserrahmenrichtlinie verstoße, "da die Erreichung der Richtlinienziele nicht zwangsläufig von einer erweiterten Vergebührung der Wassernutzung abhänge". Aber: Sollten die im nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan festgelegten Maßnahmen zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands aller Gewässer nicht zielführend sein, können die Mitgliedsstaaten durchaus Gebühren für Wasserdienstleistungen wie Wasserkraft oder Bewässerung einheben, betonen die Richter.

"Österreich wird die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie klar verfehlen, womit die Einführung von Wassergebühren ab sofort gerechtfertigt ist", so Gerhard Heiligenbrunner, ehrenamtlicher Präsident des Österreichischen Umweltdachverbandes. "Eine Ist-Bestandsanalyse prognostiziert, dass 66 Prozent der heimischen Gewässer bis 2021 den verlangten guten ökologischen Zustand nicht erreichen werden. Das EuGH-Urteil bestätigt unsere Forderung nach einer Bepreisung aller Wasserdienstleistungen im Sinne des Gewässerschutzes."

Beteiligung am Konsultationsprozess der EU-Kommission