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Baubranche im Aufwärtstrend

Von Andrea Möchel

Wirtschaft

Eine aktuelle Studie lässt mit optimistischen Aussichten für die europäische und österreichische Bauindustrie aufhorchen, warnt aber zugleich vor riskanten Branchentrends.


Wien. Die gute Nachricht: "Nach einigen harten Jahren für den Bausektor zeichnet sich heuer endlich wieder ein Wachstum ab, das 2015 weiter anziehen soll." Derart optimistisch gibt sich das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte in seiner aktuellen Studie "European Powers of Construction" (EPoC). Darin hat Deloitte zum elften Mal die Lage der europäischen Baubranche analysiert sowie Marktposition und wirtschaftliches Standing der 50 größten börsennotierten Bauunternehmen aus insgesamt 17 Ländern untersucht.

Betrachtet man das Volumen der Bauwirtschaft, so liegt Österreich laut Deloitte mit einem Umsatz von 15 Milliarden Euro europaweit auf dem sechsten Platz. An der Spitze rangiert Frankreich, mit einem Umsatz von rund 101 Milliarden Euro, deutlich vor Spanien mit 67 Milliarden Euro und Großbritannien mit 40 Milliarden Euro. Zudem zählen mit Strabag und Porr zwei heimische Unternehmen zu den Top 50 der europäischen Bauriesen und belegen im Ranking derzeit die Plätze acht beziehungsweise 25.

Auslandsgeschäft birgt Risiken

"Bedingt durch den verhältnismäßig kleinen österreichischen Markt und die starke Konkurrenz, hat sich die Strabag auf den internationalen Markt konzentriert und generierte im Jahr 2013 mehr als 40 Prozent der Umsätze im Ausland", rechnet Deloitte vor. Womit die Strabag ganz im Trend liegt, denn "diese fortschreitende Internationalisierung des Geschäfts ist derzeit einer der signifikantesten Trends".

"Beschränkte Marktgrößen und damit Marktanteile im westeuropäischen Raum, sowie eine stagnierende Entwicklung dieser Märkte haben in den vergangenen Jahren zu einer verstärkten Suche nach Investitionsmöglichkeiten und Wachstumschancen im Ausland geführt", erklären die Experten von Deloitte.

Die Untersuchung belegt allerdings auch, dass die Auslandsaktivitäten der Baukonzerne nicht unbedingt zu höheren Marktwerten führen, sondern sogar deutliche Risiken bergen. So besteht zwischen dem Internationalisierungsgrad und der Ergebnis-Marge für Bauaktivitäten eine negative Wechselbeziehung. "Der Internationalisierungsgrad beeinflusst die durchschnittliche Profitabilität und die Liquiditätssituation der Baukonzerne", weiß Alexander Hohendanner, Partner von Deloitte Österreich. "Im Vergleich konnten jene Unternehmen, die sich vor allem auf heimische Märkte konzentrierten, 2013 eine durchschnittliche Ergebnis-Marge von vier Prozent erzielen, während sich international tätige Baugruppen mit circa 2,2 Prozent zufriedengeben mussten."

Vor allem bei Bauinvestments in Süd-, Ost- und Südosteuropa werde der Konkurrenzkampf immer härter. "Durch Dumpingpreise kombiniert mit einer schlechten Konjunkturentwicklung in diesen Ländern können nur geringe Margen erzielt werden, was sich negativ auf die Jahresergebnisse der Unternehmen auswirkt", warnt Hohendanner. Die Bauunternehmen würden sich daher bereits aus diesen Regionen zurückziehen und sich wieder stärker auf den heimischen Markt konzentrieren.

Als zweiten großen Branchentrend macht Deloitte das wachsende Angebot nicht bautechnischer Leistungen wie Facility Management oder Leistungen im Energiebereich aus. Wobei auch hier die Risiken überwiegen: So geht eine höhere Diversifikation der Geschäftsbereiche der Bauunternehmen laut Studie mit einer höheren Nettoverschuldung einher. Für die beiden österreichischen Konzerne Strabag und Porr treffen die erhöhten Risiken allerdings nur bedingt zu. "Beide sind mit einem stabilen Inlandsgeschäft im Vergleich zu einigen europäischen Konkurrenten solide aufgestellt", betont Hohendanner.

Wachstum für 2015 erwartet

Generell sind für die Marktentwicklung in der Bauindustrie verschiedene Faktoren ausschlaggebend: So besteht zum einen ein direkter Zusammenhang mit der Stimmung am Immobilienmarkt und der allgemeinen Wirtschaftslage; zugleich spielen aber auch das Zinsniveau und die Verfügbarkeit von Kapital sowie budgetpolitische Maßnahmen eine große Rolle. Entsprechend schwierig war die Situation während der vergangenen vier Krisenjahre.

Vor allem in Griechenland, Spanien, Zypern und Portugal hinterließ die Rezession ihre Spuren. Dort schrumpften die Bauinvestitionen um rund zehn Prozent. Auch in Frankreich, Deutschland und Großbritannien ist die Bauindustrie im vergangenen Jahr nicht gewachsen.

Nun gibt sich die Europäische Kommission jedoch optimistisch und geht von einem moderaten Wachstum der Bauindustrie für 2014 aus, das 2015 sogar deutlich ausfallen soll. Wesentliche Wachstumstreiber sind die massiven Investitionen mehrerer Länder in die Modernisierung ihrer Infrastruktur. In Österreich wird eine Steigerung der Bau-Investments um 1,9 Prozent heuer und 2,2 Prozent für 2015 erwartet. Auf EU-Ebene geht man von plus 1,7 Prozent für 2014 und plus 2,8 Prozent für das nächste Jahr aus.

Bezogen auf das Bauvolumen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), also zur gesamten Wirtschaftsleistung des Landes, im vergangenen Jahr, liegt Österreich mit 11,3 Prozent auf Platz fünf hinter Rumänien, Finnland, Frankreich und Polen. "Zahlreiche Bauprojekte im kommunalen sowie privaten Sektor zeichnen sich schon jetzt am Horizont ab und bestätigen diese positiven Prognosen", erläutert Hohendanner. "Das demonstriert, wie wichtig positive Impulse des Standort Österreich für die Konjunktur in Schlüsselbranchen wie der Bauindustrie sind."