Wien/London. Das Aufdecker-Konsortium ICIJ wühlte sich durch rund 100.000 Konten der Schweizer Tochter der HSBC-Bank. Seit Montag laufen die Enthüllungen, und mittlerweile werden Muster und Strukturen der organisierten Steuerhinterziehung sichtbar. Es gibt auch durchaus kuriose Erkenntnisse: Bei vielen der HSBC-Kunden fehlt eine Berufsbezeichnung, einzig der Begriff "Hausfrau" taucht überdurchschnittlich oft auf, meldet das IDIJ auf seiner Homepage.
Wobei das ICIJ ausdrücklich daran erinnert, dass nicht jedes Geld auf einem Schweizer Konto Schwarzgeld ist. Außerdem ginge es um Kontoinformationen der Jahre 1988 bis 2007. Dennoch werden zahlreiche Kontoinhaber namentlich geoutet, darunter internationale Spitzensportler, Schauspieler und Industrielle.
Österreich nur auf Rang 41
In den Jahren 1975 bis 2006 haben laut dieser Liste bei der HSBC-Schweiz 399 Kunden "mit Österreich-Bezug" 1.200 Konten eröffnet. 2007 gab es rund 250 aktive Konten mit Österreich-Bezug. Nur 52 Prozent der Österreich zugeordneten Kunden haben allerdings einen österreichischen Pass. Der größte Einzelbetrag auf einem Konto mit Österreich-Bezug lag bei 149 Mio. Dollar.
Im internationalen Vergleich ist Österreich unter den HSBC-Kunden ein kleiner Fisch und liegt nach Vermögen gewichtet nur auf Rang 41. Die fünf wichtigsten Herkunftsländer für HSBC-Schweiz-Kunden sind - nach den Schweizern - Großbritannien, Venezuela, USA, Frankreich und Israel.
Früherer Mitarbeiter will mehr Schutz für Whistleblower
Der für den Datenklau bei der Großbank HSBC in der Schweiz verantwortliche Franko-Italiener Herve Falciani fordert mehr Schutz für Hinweisgeber wie ihn. In der Schweiz wird gegen ihn ermittelt. Er hoffe sehr, dass die Schweizer Behörden angesichts der Ermittlungen gegen ihn nun noch "genügend Energie" hätten, um auch gegen die Bank zu ermitteln, klagte er in einem Radiointerview.
Wer wirklich etwas gegen Straflosigkeit tun wolle, müsse auch die "dafür nötigen Mittel" bereitstellen, sagte Falciani am Montag im Schweizer Rundfunk. Dazu müssten Hinweisgeber, sogenannte Whistleblower, mehr unterstützt werden.
Dabei gehe es um nicht nur um Personenschutz, sondern auch um "professionelle und rechtliche" sowie finanzielle Hilfe, sagte Falciani dem Sender RTS. Der frühere HSBC-Angestellte hatte 2007 massenhaft Kundendaten gestohlen und sie später den französischen Behörden übergeben. Ein internationales Recherchenetzwerk wertete die "Swissleaks"-Daten aus und veröffentlichte die Erkenntnisse am Montag. Der Schweizer Ableger der britischen HSBC führte Schwarzgeld-Konten und profitierte von Geschäften mit Waffenhändlern und Schmugglern.
Auch US-Behörden ermitteln
Der Schweizer Bankenskandal ruft auch die US-Behörden auf den Plan, die sich die Geschäfte der zweitgrößten Bank der Welt noch einmal vornimmt. Laut Medienberichten gehen die US-Behörden der Frage nach, ob amerikanische Staatsbürger über die Schweiz-Connection Steuern hinterzogen haben. Auch Kursmanipulationen im Devisenhandel werden erneut untersucht. In einem Abkommen aus dem Jahr 2012, dass der Bank 1,9 Milliarden US-Dollar kostete, wurden allfällige Anklagen zunächst beigelegt. Nun stellt das US-Justizministerium das Abkommen erneut auf den Prüfstand.
Auf der Liste der ICIJ tauchen Schwarzhändler und Diktatoren auf, aber auch die Namen Prominenter: Marokkos König Mohammed findet sich ebenso darunter wie der Santander-Boss Emilio Botin, der letztes Jahr verstarb. Auch der uruguayiansiche Fußballstar Diego Forlan wurde namentlich genannt – er dementierte jedoch jegliche Absicht, Steuern zu hinterziehen. Auch die ICIJ wies in einem Statement darauf hin, dass der Besitz eines Schweizer Kontos nicht zwangsläufig auf Steuerhinterziehungen schließen lasse.