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Yuan weiter im Sinkflug

Von Thomas Seifert

Wirtschaft

Die Yuan-Kursverluste sind auch ein Zeichen für Währungs-Liberalisierung.


Peking/Wien. Ist der "China-Schock" vorerst überstanden? Die chinesische Währung Yuan hat am Donnerstag den dritten Tag in Folge gegenüber Euro und Dollar abgewertet. Experten rechnen aber damit, dass die steile Talfahrt der auch Rénmínbì (Volkswährung) genannten "Volkswährung" nun bald ein Ende findet. Die Anpassung sei "im Wesentlichen beendet", sagte ein Vizezentralbankchef Zhang Xiaohui nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Die internationalen Finanzmärkte haben auf die Abwertung nervös reagiert, weil sie den Yuan-Kursverfall als Zeichen für eine sich zuspitzende Krise der chinesischen Wirtschaft gelesen hatten und mit zum Teil starken Kursverlusten reagierten. Vor allem die Papiere deutscher Unternehmen, die stark in China engagiert sind, litten. Gleichzeitig fiel der Preis für das in der Elektronik-Industrie und am Bau begehrte Kupfer sowie für Nickel, das in der Metallbranche für die Herstellung rostfreier Legierungen gebraucht wird. Die Preise für beide Metalle sind gute Indikatoren für die Robustheit der Weltwirtschaft, da sie - ähnlich wie der Ölpreis - bei guter Konjunktur steigen und bei schwacher Konjunktur fallen.

Infolge der Yuan-Schwäche werden nun Exporte von Europa nach China teurer, Importe aus China werden auf den Weltmärkten im Gegenzug billiger. Die chinesische Währung soll aber "langfristig stark bleiben", wies Zentralbankchef Zhang Xiaohui vor Journalisten in Peking die Sorgen über eine weitere Abschwächung des Yuan zurück. Es gebe keinen Grund für eine anhaltende und bedeutende Abwertung, beteuerte er. Die Tatsache, dass Zhang die Journalisten zu einer Pressekonferenz ruft, ist ungewöhnlich, die Öffentlichkeitsarbeit der chinesischen Zentralbank gilt als alles andere als offensiv: Die Pressekonferenz (die Vertreter der Notenbank stellen sich äußerst selten Journalisten) wurde hastig einberufen, berichten Korrespondenten in Peking. Die Währungshüter haben den Yuan-Kurs auf nun 6,401 Yuan je US-Dollar gesenkt, weil der offizielle Kurs sich zu lange und zu weit vom schwächeren Marktwert entfernt, was die Glaubwürdigkeit des Referenzwertes untergraben habe, erläuterte der Vizegouverneur. Mit der jetzigen Abwertung sei der Yuan "schrittweise zu seinem Marktwert zurückgekehrt". Der Wechselkurs ist damit nach der Einschätzung chinesischer Experten wieder näher bei den ökonomischen Realitäten. "Der Renminbi war um drei Prozent überbewertet", sagte Professor Huang Weiping von der Volksuniversität (Rénmín Dàxué) der Deutschen Presse-Agentur.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Kursabsenkung begrüßt.

Doch kein Währungskrieg?

Tatsächlich ist die Yuan-Abwertung ein Zeichen dafür, dass China den Außenwert seiner Währung stärker an am Markt ausgebildeten Kursen orientieren will: Damit, so argumentiert Peking, würde man den Yuan mehr und mehr an den Markt heranführen. Chinas Ziel ist es längerfristig, dass der Yuan zu einer globalen Reservewährung neben Dollar, Euro, Pfund und Yen aufsteigt. Damit dies aber geschehen kann, muss die Währung weltweit handelbar werden, was bisher nicht der Fall ist. Denn bis zum heutigen Tag müssen chinesische Unternehmen und Privatpersonen ihre aus Exporterlösen stammenden Dollar zum staatlich festgelegten Kurs in Yuan umtauschen. Das hat dazu geführt, dass China auf einem gewaltigen Berg an Devisenreserven sitzt.

Im Herbst könnte der Internationale Währungsfonds IWF über die Aufnahme des Yuan in seinen Währungskorb entscheiden. Wenn das geschieht, dann wäre die chinesische Währung neben Dollar, Euro, Pfund und Yen in den Olymp der globalen Reservewährungen aufgestiegen. Damit dies aber geschehen kann, muss die Währung liberalisiert werden, Peking hofft wohl, dass man beim IWF in Washington die jüngsten Anpassungen als Schritt in diese Richtung versteht.

Schon jetzt ist die Währung im asiatischen Zahlungsverkehr nach Angaben der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications (Swift) die in Asien meistgenutzte Währung. 31 Prozent der Zahlungen würden in Yuan getätigt, 2012 waren es noch 7 Prozent. Weltweit hat der Yuan allerdings nur einen Anteil von rund 2 Prozent, ist damit aber seit Jänner 2014 zur fünftwichtigsten Währung aufgestiegen und hat den australischen und kanadischen Dollar mittlerweile überholt. Dass China den Kurs seiner Währung künftig den Marktkräften allein überlässt, halten viele Beobachter für unwahrscheinlich, so auch Tao Wang, Chefökonom bei UBS gegenüber der "Financial Times".

Die da und dort geäußerten Ängste vor einem Währungskrieg halten die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für übertrieben. Mit einem echten "Währungskrieg", in dem andere Staaten dem chinesischen Schritt folgen und damit einen Abwertungswettlauf einläuten, sei nicht zu rechnen, sagte DIW-Forschungsdirektor Christian Dreger am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Seit die Abwertungsspirale in den 1930er Jahren, mit der einzelne Länder den Außenwert ihrer Währungen drückten und so ihre Exporte ankurbeln wollten, die Weltwirtschaftskrise nur noch verschlimmert hat, sind Währungskriege bei Ökonomen gefürchtet.