Wolfsburg/Wien. In der Krisen-PR arbeitet man mit Szenarien, erklärt Sandra Luger, Partnerin und Geschäftsführerin bei Gaisberg Consulting. Variante eins: Man kann das Problem schnell eingrenzen. Variante zwei: Der Skandal weitet sich aus. Und derzeit sieht für den Unternehmensskandal Nummer eins, VW, alles nach Variante zwei aus. Und während am Mittwoch die Stimmen immer lauter wurden, die von strafrechtlichen Konsequenzen und etwaigen weltweiten Rückhol-Aktionen sprachen, zog der Konzern eine Reißleine: Martin Winterkorn, bis gerade eben noch der bestbezahlte Manager aller im Deutschen Aktienindex DAX notierter Konzerne, der noch vor kurzem den Absäge-Versuchen des Großaktionärs Ferdinand Piech getrotzt hatte, gab seinen Rücktritt bekannt.

Der 68-jährige Winterkorn zog mit diesem Paukenschlag am Mittwoch die Konsequenzen aus dem Skandal um manipulierte Abgaswerte in den USA. "Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren", erklärte Winterkorn.

Als Vorstandschef übernehme er die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren. Er habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit mir eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zu treffen. "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin", erklärte Winterkorn.

Denn noch am Vortag hatte Winterkorn die Forderung nach seinem Rücktritt von sich gewiesen: Es wäre falsch, wenn wegen der schlimmen Fehler einiger weniger die ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerate, hatte Winterkorn in einem Video-Statement gesagt, das auf der Webseite des Konzerns veröffentlicht wurde: "Deshalb bitte ich um Ihr Vertrauen auf unserem weiteren Weg."

Doch offensichtlich hat ihn das fünfköpfige Präsidium des VW-Aufsichtsrats, der sich am Mittwoch außertourlich getroffen hat, von etwas anderem überzeugt, beziehungsweise zum "freiwilligen" Rücktritt gedrängt. Die deutsche Bundesregierung hatte zuvor verlautbaren lassen, dass sie nicht den Rücktritt Winterkorns fordert.

Aber die Öffentlichkeit "erwartete Konsequenzen", analysiert Krisenexpertin Luger. Dazu gehört, dass Köpfe rollen. VW will offenbar lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. In der Krisen-PR sind die Schnelligkeit und die Transparenz in der Problemaufbereitung das Um und Auf, denn sonst ist die Reputation der Marke für immer angeknackst.