Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält den Schaden für die deutsche Wirtschaft durch den Abgasskandal bei Volkswagen für begrenzt. Der designierte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch soll hingegen von der bedrohten Existenz des Autoherstellers gesprochen haben. Die Behörden des Bundeslands Baden-Württemberg planen unangekündigte Prüfungen bei den Wolfsburgern. 

Die Affäre um manipulierte Abgastests bei Dieselfahrzeugen sei "natürlich ein einschneidendes Ereignis", sagte die deutsche Kanzlerin im Deutschlandfunk. Zugleich betonte sie: "Ich glaube aber, dass die Reputation der deutschen Wirtschaft, das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft damit nicht so erschüttert ist." 
Volkswagen müsse allerdings nun schnell Transparenz herstellen und die Dinge aufarbeiten. Der Konzern hat zugegeben, Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen mit einer Software manipuliert zu haben. Nach Konzernangaben sind weltweit bis zu elf Millionen Fahrzeuge betroffen.
Wörtlich richtete Merkel dem Autobauer aus: "Ich hoffe, dass VW jetzt schnell die notwendige Transparenz herstellt und die Dinge aufarbeitet."
Bedrohte Bonität
Der designierte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch habe bei einer internen Veranstaltung in Wolfsburg von einer "existenzbedrohenden Krise für den Konzern" gesprochen, berichtete die Welt am Sonntag. Er sei aber sicher: Das "kriegen wir hin", wenn alle mitzögen. Sorgen machen Pötsch vor allem die Auswirkungen der Krise auf die Bonität des Konzerns.
Am Donnerstag hatten Insider der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, die VW-Führung mache sich Gedanken, wie angesichts drohender Strafzahlungen und Sammelklagen in Milliardenhöhe verhindert werden kann, dass die Finanzpolster des Konzerns abschmelzen.
Manipulationen per Software 
Laut der Bild am Sonntag haben mehrere VW-Ingenieure bei Befragungen ausgesagt haben, sie hätten 2008 die Manipulations-Software installiert. Als Quelle nennt das Blatt einen Bericht der internen Revision von VW. 
Demnach befand sich zu diesem Zeitpunkt der Dieselmotor EA 189, an dem bei VW seit 2005 gearbeitet wurde, kurz vor der Serienreife. Es sei aber keine Lösung gefunden worden, wie sowohl die Abgasnormen als auch die Kostenvorgaben für den Motor eingehalten werden konnten, schrieb das Blatt. Daher sei die Entscheidung gefallen, die Manipulations-Software zu verwenden.
Neue und bessere Prüfungen
Als Reaktion auf den Skandal will nun das deutsche Bundesland Baden-Württemberg die Autobauer mit unangekündigten Prüfungen überraschen. "Wir brauchen im Verkehr so etwas wie die unangemeldeten Dopingkontrollen", sagte der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Das heißt, dass die Messungen ohne Vorankündigung stattfinden sollen, damit sich niemand vorbereiten kann." 
Solche Pläne will Hermann in einem eigenen Messprogramm für Baden-Württemberg verwirklichen. Das Programm solle so schnell wie möglich starten, sagte er. "Wir wollen, dass auf der Straße gemessen wird und nicht nur im Labor." Bei solchen Labortests hatte Volkswagen eine Schummelsoftware eingesetzt und Abgaswerte verfälscht. 
Die Pläne für die eigenen Test begründete Hermann auch damit, dass man das Feinstaub- und Stickoxidproblem unbedingt in den Griff bekommen wolle. Der Minister kritisierte erneut die deutsche Regierung. Die habe bisher mit Teilen der Autoindustrie die Reform des Messzyklus torpediert. "Wir müssen das Messverfahren RDE voranbringen." Die Abkürzung RDE heißt "real-driving emissions", es geht also um tatsächliche Emissionswerten und nicht um Schadstoffausstoß unter Laborbedingungen.
Zugleich warnte Hermann davor, den Diesel als Antrieb generell infrage zu stellen. Diesel bleibe ein wichtiger Bestandteil, um ehrgeizige Klimaschutzziele zu erreichen, sagte der Grüne.