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Weg mit der Bremse

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Argentiniens neue Regierung schafft die unter Kirchner eingeführte Kapitalbeschränkung ab, der Peso verliert um 30 Prozent.


Buenos Aires. Die Geschichte der argentinischen Währung war schon immer eng mit der des US-Dollars verwoben. Vor gut fünfundzwanzig Jahren, 1989, koppelte der damalige argentinische Präsident Carlos Menem den heimischen Peso mit einem Wechselkurs von 1:1 an den US-Dollar, um der Hyperinflation im südamerikanischen Land Herr zu werden. Eine Zeit lang ging das gut - bis es in einer Katastrophe endete: Die Staatsverschuldung, der darauffolgende Banken-Run der Argentinier, die weiterhin ihren Peso 1:1 mit dem Dollar wechseln wollten, all das mündete 2001/2002 in einer beispiellosen Staatspleite, an deren Folgen Argentinien noch heute zu leiden hat.

Unter Menems Parteifreundin, Cristina Kirchner, wurden 2011 strikte Devisenkontrollen eingeführt, um Kapitalflucht zu stoppen. Denn viele Argentinier suchten ihr Glück im Ausland, da das Land wirtschaftlich am Boden lag und die Inflation galoppierte. "El Cepo", die "Parkkralle", wurde die Maßnahme genannt, die die Flüchtenden bremsen sollte. Eine Zeit lang war es fast gar nicht möglich, US-Dollar zu kaufen, später wurden die Kontrollen insofern gelockert, als man unter Angabe von Gründen einen beschränkten Betrag kaufen durfte - und zwar zuletzt zum offiziellen Kurs von knapp neun Pesos für einen US-Dollar.

Im inoffiziellen Schwarzmarktkurs war allerdings ein Dollar für knapp fünfzehn Pesos zu haben, ein Kurs, der nach Meinung der Mehrheit viel näher an der Wahrheit dran ist. "Den Preis des Dollars wird morgen der Markt entscheiden", erklärte der neue argentinische Finanzminister Alfonso Prat-Gay, am Mittwochabend nach Börsenschluss. In einem spektakulären Schritt kündigte er an, die Währung komplett freizugeben.

Am Donnerstag zu Handlungsauftakt hat dann auch der Peso gleich um rund 30 Prozent an Wert eingebüßt. Der Referenzkurs lag zur Handelseröffnung in einer Spanne zwischen 13,50 und 14,50 Peso pro Dollar. Mit dieser Entscheidung, den Wechselkurs freizugeben, macht die neue argentinische Regierung unter Neo-Präsident Mauricio Macri nur sechs Tage nach Amtseinführung gleich Nägel mit Köpfen.

Denn Macri, der die konservative Opposition gegen die peronistische Regierungspartei Kirchners vereinte, versprach im Wahlkampf, die Sozialreformen unter Kirchner nicht anzutasten, aber wieder eine Liberalisierung der Märkte und des Wechselkurses einzuführen, vor allem, damit der Import/Export-Sektor wieder zu Leben erwacht. Es ist angesichts der Tatsache, dass die US-Notenbank am selben Tag die Zinsen wieder erhöht hat, ein äußerst mutiger Schritt von Buenos Aires - denn durch die Entscheidung der Fed wird der US-Dollar noch attraktiver, und die Gefahr des kollektiven Geldabflusses Richtung Washington wird noch greifbarer.

Buenos Aires wechselte Yuan-Reserven in Dollar

"Wir haben an nur zwei Arbeitstagen ein System abgeschafft, dass die Wirtschaft vier Jahre lang erstickt hatte", erklärte Prat-Gay bei seiner Pressekonferenz. Man halte das, was man im Wahlkampf versprochen hatte. "Der, der Dollars kaufen will, soll das machen können", so Prat-Gay. "Niemand wird ihn deswegen verfolgen."

Prat-Gay versicherte, man werde genügend Devisen haben, um die kommenden Dollarkäufe aushalten zu können. Journalisten von der Tageszeitung "Clarín" wollen gehört haben, dass Prat-Gay davon ausgehe, Argentinien bräuchte 10 Milliarden US-Dollar, um die Aufhebung der Bremse aushalten zu können.

Die gute Nachricht: "Wir werden 15 bis 20 Milliarden Dollar an Einnahmen in den nächsten vier Wochen generieren", erklärte Prat-Gay. Die schlechte Nachricht: Er konkretisierte nicht, wie er an diese Summen herankommen wird.

Die Zentralbank erklärte, sie hätte einen "Schussbefehl", falls es am Markt zu starken Verzerrungen kommen sollte. Im übrigen hätte man bereits hohe Summen chinesischen Yuans in London wohlweislich für diesen Tag in US-Dollar umgewechselt.