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Ein "F" an rechter Stelle

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Der Juncker-Plan kann für Mittel- und Osteuropa den Kohäsionsfonds nicht ersetzen, warnt Sandor Richter vom WIIW.


Wien. Die Position des "F" macht einen milliardenschweren Unterschied. Jedenfalls für die EU-Länder Mittel- und Osteuropas. Denn ist das F an letzter Stelle des Akronyms, nämlich ESIF, steht das für Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, der vor allem für die neuen EU-Mitgliedsländer ins Leben gerufen worden ist und über Transferzahlungen die sogenannte Kohäsionspolitik vorantreiben soll. Im Prinzip, auch wenn das nicht ganz so deutlich ausgesprochen wird, soll dadurch der Lebensstandard in den neuen an den der alten EU-Mitgliedsländer angepasst werden. Jedenfalls profitieren die neuen EU-Mitgliedsländer überproportional von den Geldern des Kohäsionsfonds ESIF.

Steht das F an zweiter Stelle, handelt es sich hingegen um den EFSI, den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen, besser bekannt als "Juncker-Plan". Denn der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat diesen 315 Milliarden Euro schweren Topf erdacht, um in dem Zeitraum 2015 bis 2017 die Investitionen in den 28 Ländern der Europäischen Union anzukurbeln. Die Mission: öffentliche Gelder gezielter zu verwenden und private Investoren anzuziehen.

Während sich laut dem Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) das Wachstum in den Ländern Mittel- und Osteuropas, abgesehen von den Krisenstaaten Ukraine und Russland, im vergangenen Jahr wieder etwas erholt hat, droht dieser Konjunkturaufschwung in den kommenden Jahren erneut abzunehmen. Der Grund ist ganz einfach der Zyklus, in dem die Gelder des ESIF, des Kohäsionsfonds, schlagend werden. Der ESIF operiert jeweils in einem Sieben-Jahres-Zeitraum. Die Spitze der Investitionstätigkeit wurde bisher erst am Ende des siebenjährigen Finanzrahmens erreicht. Einerseits aufgrund der Fristen zur Projekteinreichung und sicher andererseits auch wegen des am Ende sich herauskristallisierenden Spielraums bei der Ausschöpfung der Mittel - also wenn noch zweckgewidmetes Geld übrig ist.

Der Finanzierungsrahmen für CEE steht wieder am Anfang

Konkret haben die Mittel des Kohäsionsfonds in der ersten Periode 2007-2008 erst 1,35 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts der damals zehn Ländern der EU-CEE ausgemacht, also Bulgariens, Estlands, Lettlands, Litauens, Polens, Rumäniens, der Slowakei, Sloweniens, Tschechiens, Ungarns - Kroatien wurde erst 2013 aufgenommen und ist in diesen Berechnungen noch nicht dabei.

Im folgenden Zeitraum machte das EU-Engagement bereits 2,51 Prozent des aggregierten BIP der Region aus, am Ende, 2012 bis 2014 waren es schon 3,20 Prozent.

"Wenn man sich die Daten der früheren Jahre ansieht", schreibt der WIIW-Experte Sandor Richter im aktuellen Frühjahrsreport des Instituts, dann kann man davon ausgehen, dass sich das finanzielle EU-Engagement in den betroffenen Mitgliedsländern mehr als halbieren wird und heuer auf "eins bis 2,5 Prozent des BIP herabsinken" kann. Ein starker Abfall in den Transferleistungen könnte, so Richter, negative Auswirkungen auf den Binnenkonsum haben und sich auch auf die Wachstumsprognosen auswirken.

"Damit erhebt sich die Frage, ob der Juncker-Plan die momentane Abnahme in den Kohäsions-Transfers kompensieren kann", schreibt Sandor Richter, und gibt sich wenig später die Antwort selbst: Nein. "Am 21. Jänner wurden 42 größere Projekte (die für den Juncker-Plan in Frage kommen, Anm.) auf der Homepage der Europäischen Investitionsbank vorgestellt. Die Allokation von großen Projekten war vor allem enttäuschend für die EU-CEE-Länder: Bei den 42 Projekten waren nur Kroatien, Polen und die Slowakei mit jeweils einem genehmigten Projekt vertreten, die anderen EU-Länder aus Mittel-und Osteuropa kamen gar nicht vor."

Juncker-Plan erreicht vor allem bereits "entwickelte" Mitglieder

Das ist auch heute noch so. Allerdings ist bei einem Update der EIB vom Februar erklärt worden, dass mit den bereits gewidmeten 9 Milliarden Euro aus dem Juncker-Plan immerhin 22 von 28 EU-Mitgliedsländern erreicht werden - sei es über Großprojekte oder über Klein- und Mittelbetriebe. Von den sechs Ländern, die noch nicht über die Juncker-Initative erreicht worden sind, sind fünf aus Mittel- und Osteuropa.