Berlin. (dpa) Der Dieselskandal bei Volkswagen und die damit verbundene Diskussion um Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen sorgen für Unruhe unter den Daimler-Aktionären. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment sprach am Mittwoch auf der Hauptversammlung in Berlin von "enormen Klage- und Reputationsrisiken für die gesamte Automobilindustrie". Auch andere Aktionärsvertreter verlangten mehr Aufklärung.
Daimler-Chef Dieter Zetsche erwiderte auf Klagen und Beschwerden von Umweltorganisationen: "Diese Vorwürfe weisen wir entschieden zurück." Die Daimler-Aktie hatte wie die Papiere anderer Autobauer nach Bekanntwerden der Manipulation von Dieselmotoren bei Volkswagen deutlich an Wert verloren. Die Stuttgarter hatten stets bestritten, ein sogenanntes "Defeat Device", das Testfahrten erkennt, in seinen Motoren zu verwenden. Trotzdem kritisieren Umweltverbände zu hohe Abgaswerte auch bei Daimlers Dieselmotoren. In den USA hatten Autobesitzer schon im Februar eine Sammelklage gegen Daimler wegen angeblichen Betrugs bei Abgaswerten eingeleitet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat nun eine Unterlassungsklage wegen Verbrauchertäuschung vor dem Landgericht Stuttgart eingereicht. Eine Daimler-Sprecherin sagte: "Die Klage wurde uns inzwischen zugestellt, wir halten sie für unbegründet."
Die Umwelthilfe wirft dem Autobauer vor, Verbraucher mit Werbung für saubere Dieselmotoren der Mercedes C-Klasse 220 CDi in die Irre zu führen. Der Verein kritisiert eine Einrichtung, die in einigen Dieselmotoren dafür sorgt, dass die Abgasnachbereitung in bestimmten Temperaturbereichen heruntergeregelt wird. Hersteller wie Daimler begründen das mit dem Schutz von Bauteilen, der in den rechtlichen Vorgaben vorgesehen sei. Die Umwelthilfe hatte allerdings den Entzug der Typengenehmigungen des Modells gefordert. Einen ähnlichen Antrag, der sich gegen ein Opel-Modell wandte, habe das Kraftfahrtbundesamt abgelehnt, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Man werde dem widersprechen und notfalls auch vor das Verwaltungsgericht ziehen.
Erhöhte Dividende nach 2015
Vorsorglich ließ die Umwelthilfe die Praxis in einem Rechtsgutachten für nicht rechtens erklären. Ein von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kommt zu einem ähnlichen Schluss. Das zuständige Kraftfahrtbundesamt wollte sich dazu bisher allerdings nicht äußern.
Laut Daimler-Chef Dieter Zetsche sind die Fahrzeuge auf Basis der geltenden Rahmenbedingungen in den einzelnen Regionen zertifiziert und zugelassen. "Im realen Fahrbetrieb können Abweichungen im Vergleich zu den zertifizierten Normwerten auftreten." Das sei keine Manipulation, sondern Folge der vorgeschriebenen Messverfahren. Rückstellungen für mögliche Schadenersatzzahlungen gebe es bisher nicht.
An den Geschäften Daimlers hatten die Aktionäre wenig auszusetzen. Nach dem Rekordjahr 2015 will der Konzern seine Anteilseigner mit einer erhöhten Dividende von 3,25 Euro (Vorjahr: 2,45 Euro) belohnen. Zetsche rechnet in der zweiten Jahreshälfte 2016 mit mehr Aufwind. Er erwarte, dass sie dank der neuen E-Klasse und günstiger Währungseffekte "deutlich besser laufen wird als das erste Halbjahr".