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Relaunch in der Warteschleife

Von Arian Faal

Wirtschaft

Iran Air kämpft mit Bankenrestriktionen - nur eingeschränkter Flugbetrieb. In Österreich hilft die AUA mit einem Codeshare aus.


Teheran/Paris/Wien. Die Freude über den Atom-Deal zwischen den fünf UN-Vetomächten und dem Iran vom 14. Juli 2015 war nicht nur bei den Persern, sondern auch bei der staatlichen Fluglinie Iran Air groß. Denn man erwartete sich nach 36 Jahren eingeschränktem Betrieb mit veralteten Flugzeugen und akutem Ersatzteilmangel mit dem Ende der westlichen Wirtschaftssanktionen grünes Licht für einen Neubeginn und Relaunch.

Durch die Umsetzung des Deals ab Jänner 2016 wurde der Großteil der nuklearbezogenen Sanktionen gegen den Iran aufgehoben und Teheran kann seither Ersatzteile der Hersteller Boeing und Airbus bestellen und zumindest theoretisch erstmals wieder neue Flugzeuge auf dem Weltmarkt kaufen.

Knackpunkt Banken

Theoretisch deshalb, weil es für die Abwicklung von Großgeschäften mit der iranischen Führung nach wie vor Restriktionen gibt. Vielen europäischen Bankinstituten ist der Iran als Kunde nach wie vor ein zu heißes Eisen. Daher ist der Iran-Air-Relaunch seit Monaten in einer permanenten Warteschleife.

Knackpunkt sind Milliardentransfers mit der Islamischen Republik. Ein Blick zurück lohnt sich: Die staatliche Fluglinie Iran Air existiert seit mehr als 50 Jahren und fliegt derzeit über 30 internationale und 27 nationale Ziele an. Ungewöhnlich ist hierbei, dass es bei nationalen Flügen bis zu 2 Stunden 50 Minuten Flugzeit und bis zu 40 Grad Temperaturunterschied gibt und diese aufgrund des Flugzeugmangels oft von mehreren iranischen Airlines angeboten werden. Vor der Revolution 1979 war die Fluglinie eine Prestige-Airline und bot mit der Boeing 747 SP auch Direktflüge in die USA - etwa nach New York - an. Sogar eine Option, wie die beiden Mitstreiter British Airways und Air France Concorde-Flieger anzuschaffen, wurde angedacht.

Man rühmt sich bei der "Homa-Airline" (das Logo der Iran Air ist der "Homa", ein Vogel aus der persischen Mythologie, der Glück und Freude schenken soll, nach ihm wird auch die Business-Class benannt) mit persischem Flair, ausgezeichnetem Service und delikatem Essen. Wermutstropfen ist allerdings, dass man in den vergangenen Jahren nur eingeschränkt den Flugbetrieb aufrechthalten konnte und zahlreiche Zwischenfälle zu verbuchen hatte.

In Krisenzeiten galten hauptsächlich die Regeln der Improvisation unter dem Motto "Wir fliegen mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen". Erkennbar ist dies auch an den Passagierzahlen: Die Iran-Air-Gruppe mit ihren vier Hotels, zu der auch die Tochtergesellschaft Iran Air Tours gehörte, hatte 2010 9,5 Millionen Passagiere. 3,5 Millionen davon wurden von Iran Air Tours befördert, die 2010 privatisiert wurde. Allein 2011 konnte die Iran Air 6,2 Millionen Passagiere befördern. Davon entfielen rund 2,2 Millionen Passagiere auf internationale Flugverbindungen, der Rest auf Inlandspassagiere.

Das erlösende Moment sollte die Zeit nach dem Atom-Deal werden. Kurz nach der Unterschrift hat der Iran die Absicht kundgetan, 114 Maschinen vom Hersteller Airbus zu bestellen. Es folgte eine Großbestellung (neben 12 A380, 21 Flieger aus der A320-Familie, 24 Flieger aus der A320-Neo-Familie, 27 A330, 18 A330-900 Neo und 16 A350-1000). Mit der Lieferung wird erst in den nächsten Jahren gerechnet. Die A380 Flotte könnte aber noch in A350er umgewandelt werden, da noch unklar ist, ob der Bedarf tatsächlich gegeben ist.

Auch die anderen Zukunftsvisionen des Direktoriums der angeschlagenen Airline klangen vielversprechend: Insgesamt brauche der Iran 400 Langstrecken- und 100 Kurzstreckenflieger, um den nationalen und internationalen Bedarf abdecken zu können. Daher gibt es auch Verhandlungen mit Boeing, ausgemacht ist aber noch nichts. Bis zum Neustart muss man sich mit dem Status quo abfinden, und der ist alles andere als rosig: Derzeit verfügen alle iranischen Fluglinien zusammen lediglich über etwas mehr als 150 einsatzbereite Maschinen, die im Durchschnitt schon 20 Jahre und länger in der Luft sind.

Die Iran Air selbst listet knapp unter 50 Flugzeuge auf, davon darf aus Sicherheitsgründen aber nur ein Dutzend in die EU fliegen. Daher musste die Fluglinie viele Top-EU-Destinationen wie Wien, Paris, Amsterdam und London auf ein Minimum reduzieren. Hier helfen europäische Fluglinien, die nach dem Ende der Sanktionen ebenfalls wieder den Iran als Destination entdeckt haben, aus. Vorreiter ist übrigens die AUA. Sie fliegt aktuell bis zu 14 Mal pro Woche nonstop nach Teheran. Ab 4. September 2016 kommen bis zu drei wöchentliche Direktflüge von Wien nach Isfahan hinzu. "Diese Regelung gilt bis zum Ende des Winterflugplans 2016/2017. Ab Sommerflugplan 2017 werden wir Isfahan bis zu vier Mal pro Woche anfliegen", erklärt AUA-Pressesprecherin Sandra Bijelic gegenüber der "Wiener Zeitung". Zudem gebe es auf jedem Flug von Wien nach Teheran und zurück 24 freie Codeshare-Plätze für die Iran Air. Die Iran Air selbst fliegt einmal pro Woche samstags direkt nach Teheran. In anderen Ländern wird ebenfalls aufgestockt. Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa hat ihr Flugangebot nach Teheran ebenfalls erweitert. Seit April bietet sie wieder dreimal wöchentlich eine Direktverbindung von München in die iranische Hauptstadt an.

"Luft nach oben"

Zuletzt gab es die Verbindung laut Angaben der Lufthansa von 2004 bis 2006. Zudem bietet die Kranich-Linie Direktflüge von Frankfurt am Main nach Teheran an. Weiters gibt es von Germania, Mahan Air und Iran Air Direktflüge zwischen dem Iran und Deutschland. In Frankreich fliegt die Air France wieder direkt nach Teheran und nimmt der Iran Air auch dort viele Passagiere weg.

Eines zeichnet sich angesichts der verstärkten Nachfrage von Iran-Flügen in Europa bereits jetzt ab: Brancheninsider sehen für die Iran Air zwar großes Zukunftspotenzial, verweisen aber darauf, dass es realistischerweise noch bis zu einem Jahrzehnt dauern könnte, bis die Homa-Flotte nach mehr als 40 Jahren auf Sparflamme ihre Flügel flächendeckend in ganz Europa ausbreiten kann. "Sie haben enorm viel Luft nach oben und große Pläne. Ich sehe gute Chancen für die Iran Air, bis 2025 mehr als wöchentliche 200 Flüge nach Europa abzuwickeln", sagt ein Branchenkenner. Doch bis dahin sei es ein steiniger und langer Weg.