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UniCredit setzt auf Radikalkur

Von Stephen Jewkes und Alexander Hübner

Wirtschaft

Italienische Großbank bittet Investoren um 13 Milliarden Euro und will bis 2019 insgesamt 14.000 Arbeitsplätze abbauen - davon 2100 in Österreich.


Mailand/London. (reu) Die mit dem Rücken an der Wand stehende italienische Großbank UniCredit versucht mit einer riesigen Kapitalerhöhung, der Auslagerung von Krediten und einem forcierten Sparkurs den Befreiungsschlag. "Wir unternehmen entscheidende Schritte, um Altlasten loszuwerden, die Qualität der Bilanz deutlich zu verbessern und die Basis für nachhaltige Gewinne zu schaffen", sagte UniCredit-Chef Jean Pierre Mustier am Dienstag. Sein Ziel ist, dass der kriselnde Mutterkonzern der österreichischen Bank Austria 2019 wieder 4,7 Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftet.

Dazu lässt der Franzose, der die Führung der Mailänder Großbank im Sommer übernommen hat, keinen Stein auf dem anderen. Mit einer 13 Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung - der größten in der Wirtschaftsgeschichte des Landes - will er die Löcher in der Bilanz stopfen und den Abbau fauler Kredite finanzieren, unter denen das italienische Bankensystem ächzt. Die Kapitalerhöhung soll bis spätestens Juni 2017 umgesetzt sein. Der Mailänder Bankkonzern will damit fast so viel Geld aufnehmen, wie er an der Börse wert ist (15 Milliarden Euro). Allein heuer hat die UniCredit die Hälfte ihres Marktwertes verloren. Mustier hat den Kapitalbedarf mit dem Verkauf der polnischen Tochter Pekao und der Fondsgesellschaft Pioneer sowie einem Teilverkauf der Online-Tochter FinecoBank vorab etwas reduziert. Weitere Verkäufe sind laut ihm nicht geplant. Namentlich die deutsche HypoVereinsbank (HVB) nannte er bei einer Pressekonferenz in London als "strategische" Beteiligung. An der börsenotierten FinecoBank will Mustier weiterhin die Kontrolle behalten. Die UniCredit will zudem Kredite über fast 18 Milliarden Euro an Finanzinvestoren verkaufen. So sollen die Risiken für den Konzern sinken.

Außerdem forciert die Bank einmal mehr ihren Sparkurs. Die Kosten sollen bis 2019 um weitere 1,7 Milliarden Euro gedrückt werden, davon 1,1 Milliarden Euro an Personalkosten. Über den bereits bekannten Abbau von tausenden Stellen werden bis 2019 laut Mustier weitere 6500 Arbeitsplätze wegfallen, laut italienischen Medienberichten 3900 davon allein in Italien - das entspricht einem Fünftel der Belegschaft im Land; 800 Filialen sollen dort geschlossen werden. In Österreich soll die Zahl der Mitarbeiter bis 2019 um weitere 1000 sinken - zusätzlich zu den bereits vor einem Jahr angekündigten rund 1100 zu streichenden Jobs. Somit werden in Österreich in Summe 2100 Stellen abgebaut. Die Bank Austria hat seit einiger Zeit ein Golden-Handshake-Programm laufen.

Weitere 1500 Jobs fallen in Deutschland weg. Dort steht in den nächsten drei Jahren nun die dritte Abbauwelle bevor. Betroffen sein dürfte vor allem das Investmentbanking der Münchner HVB, das konzernweit mit dem Firmenkundengeschäft verzahnt werden soll. Weitere Filialschließungen seien hier hingegen nicht geplant, betonte Mustier, der als symbolische Geste sein eigenes Fixgehalt um 40 Prozent auf 1,2 Millionen Euro kürzen will und auf seinen Bonus für 2016 verzichtet. HVB-Chef Theodor Weimer hat das Filialnetz bereits ausgedünnt und den Abbau von 1200 Arbeitsplätzen angekündigt. Die Gewerkschaft Verdi reagiert angesichts des neuen angekündigten Stellenabbaus verschnupft.

Rom sagt Hilfe zu

Kosten soll der Konzernumbau insgesamt 12,2 Milliarden Euro, 8,1 Milliarden Euro schreibt die UniCredit im vierten Quartal allein auf faule Kredite ab. Dennoch will sie dank der Kostensenkungen bis 2019 auf eine harte Kernkapitalquote von mehr als 12,5 Prozent kommen. Zuletzt waren es - dank Übergangsregelungen - im Branchenvergleich mäßige 11 Prozent. Für 2016 fällt die Dividende aus, danach sollen 20 bis 50 Prozent des Gewinns ausgeschüttet werden. Die UniCredit solle wieder "eine der attraktivsten Banken in Europa" werden, so Mustier. Der Plan basiere darauf, dass das Institut eigenständig bleibe. Zuletzt gab es Spekulationen über eine Fusion mit der französischen Société Générale.

Italiens Banken sitzen auf faulen Krediten von insgesamt rund 360 Milliarden Euro. Vor allem Monte Dei Paschi, die drittgrößte Pank des Landes, geriet zuletzt ins Strudeln. Der neue Premier Paolo Gentiloni hat der Krisenbank am Dienstag seine Hilfe zugesichert. Seine Regierung sei zum Eingreifen bereit, um die Stabilität zu sichern und die Spareinlagen der Bürger zu schützen, sagte Matteo Renzis Nachfolger. Die Aktien der Traditionsbank legten daraufhin leicht zu.