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Auf Eigeninteressen vertrauen

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Der Internationale Währungsfonds warnt zwar vor dem Protektionismus, den Trump verspricht. Trotzdem geht die Institution davon aus, dass am Ende auch in den USA der Pragmatismus siegt.


Washington. Erst einmal abwarten und Tee trinken. So in etwa liest sich die aktuelle Prognose des Internationalen Währungsfonds IWF zum Zustand der Weltwirtschaft. Der Fonds geht weiterhin unverdrossen davon aus, dass die Weltwirtschaft 2017 ein robustes Wachstum von 3,4 Prozent hinlegen wird - und 3,6 Prozent für 2018.

Das ist insofern erstaunlich, als es dieselben Zahlen sind, die der IWF schon bei seiner letzten Prognose im Oktober 2016 präsentiert hatte. Dabei wurde im darauffolgenden Monat Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt. Glaubt man den Ankündigungen des Tycoons, wird in der neuen Weltordnung kein Stein auf dem anderen bleiben.

Doch an der Aufbruchsstimmung Trumps auf allen Linien zweifelt der IWF gehörig. Einen Handelskrieg zwischen den USA und China "haben wir nicht in unser Basisszenario aufgenommen", kommentiert IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld trocken. Natürlich würde sich so ein Handelskrieg, herausgefordert durch das von Trump angedachte Beschneiden der chinesischen Importe in die USA zerstörerische Auswirkungen haben. "Aber die Länder werden erkennen, was das Beste für ihr Eigeninteresse ist. Besonders, als man ja auch Vergeltungsmaßnahmen mit einbeziehen muss", erklärt Obstfeld.

Industrieländer ziehen an

Auch wenn 3,4 Prozent Wachstum 2017 schon im Oktober 2016 prognostiziert worden sind, so handelt es sich nicht um das exakt gleiche Szenario: Denn nun geht der Fonds davon aus, dass vielmehr die sogenannten Industrieländer und China für das Wachstum sorgen werden - und dass die Schwellenländer, lange Jahre Motor der weltweiten Konjunktur, mehr nachlassen als gedacht.

Der IWF erwartet höhere Staatsausgaben und niedrige Steuern durch eine Trump-Regierung und rechnet deshalb mit kurzfristigen Impulsen für die US-Konjunktur. Der Fonds erhöhte daher seine US-Wachstumsprognose um 0,1 Punkte auf 2,3 Prozent für dieses Jahr und um 0,4 Punkte auf 2,5 Prozent für 2018.

Zudem geht der IWF davon aus, dass die US-Notenbank ihren Plan unbeirrt umsetzt und die Leitzinsen weiter anheben wird. Ein daraus resultierender starker Dollar könnte zwei verschiedene Szenarien auslösen. Einerseits könnte die US-Kaufkraft dadurch erhöht werden. Das würde die heimische Nachfrage nach oben schnellen lassen und zu einer Ausweitung der Produktion in Schwellenländern führen. Oder aber, und das gebe dem IWF Anlass zur Sorge, dieser erstarkte Dollar fördert die protektionistischen Tendenzen in den Volkswirtschaften. Und, bei einem Handelskrieg würden alle Länder verlieren, wiederholt Obstfeld noch einmal die Botschaft des Fonds. Denn dann würde sich auch das Klima für die Finanzierung von Investments verschlechtern.

Ein bisschen kann man das schon am Beispiel Mexiko sehen. An den wirtschaftspolitischen Maßnahmen des südlichen Nachbarns der USA hat der Fonds an sich nichts auszusetzen. Trotzdem revidiert der IWF seine Prognose für Mexiko 2016 um einen halben Prozentpunkt nach unten. Das liege an dem verschlechterten finanziellen Umfeld aufgrund des erschütterten Vertrauens in den mexikanischen Markt. Das sei wiederum sehr wohl auf die Ankündigungen der künftigen US-Handelspolitik zurückzuführen, meint IWF-Ökonomin Oya Celasun bei der Pressekonferenz.

Trump sind besonders US-Firmen, die Produktionsstandorte nach Mexiko verlegen, ein Dorn im Auge. Solche Unternehmen würden künftig mit hohen Strafzöllen belegt. Zuletzt hatte der Autokonzern Ford bereits ein Großprojekt in Mexiko beerdigt und stattdessen Investitionen in den USA angekündigt. Auch will Trump nach eigener Aussage das nordamerikanischen Freihandelsabkommen Nafta neu verhandeln.

Für den Fonds sei es derzeit verfrüht, eine Stellung zu den angedachten Einfuhrzöllen abzugeben. Man müsse dies in einem größeren Zusammenhang sehen, vielleicht diene das ja einer Simplifizierung des Steuerwesens, wenn dafür andere Abgaben wegfielen, meint Obstfeld. Der makroökonomische Aspekt von solchen Abgaben an Grenzen sei bisher schwer abschätzbar.

Bezüglich des Austritts Großbritanniens aus der EU und des sich dabei abzeichnenden "harten" Brexits warnt der IWF vor der Reduzierung des britischen Output-Potenzials und den Kosten, die ein Übergang aber ohnedies mit sich bringe.

Österreich wurde in der aktuellen IWF-Prognose nicht gesondert behandelt. Für Deutschland erwartet der Fonds eine Wachstumsbeschleunigung gegenüber der bisherigen Schätzung von je 0,1 Prozentpunkten auf 1,5 Prozent 2016 und 2017. Für das Euro-Sorgenland Italien senkte der Fonds seine Schätzungen spürbar und rechnet dort nur noch mit 0,7 Prozent in diesem und 0,8 Prozent im nächsten Jahr.