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Die Zinsen der anderen

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Die USA wären viel wettbewerbsfähiger, wenn der Euro nicht so unterbewertet wäre, wiederholt das Team des nunmehrigen US-Präsidenten Donald Trump immer wieder.


Washington/Berlin. Es scheinen immer die anderen das Problem zu sein. Schon im März 2016 monierte Donald Trump, damals noch mitten im Wahlkampf um das US-Präsidentenamt, dass die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank EZB die Arbeitsplätze in den USA gefährdet. Damals hat die EZB die Zinsen noch ein Stück nach unten gedrückt - und zwar auf null gesenkt. "Alle außer uns tun das", klagte Donald Trump in jenem März 2016.

Das ist freilich nicht ganz richtig. Zinssenkungen zur Ankurbelung der Wirtschaftsleistung gehören inzwischen in die Haushaltsapotheke jeder Volkswirtschaft. Allen voran derer der USA. Als die Dotcom-Blase im Jahr 2000 geplatzt war, reagierte die US-amerikanische Notenbank Fed mit einer Niedrigzinspolitik. Die Leitzinsen wurden auf ein Prozent gesenkt. Das war in der Amtsperiode des demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton. Für manche Beobachter war dies der Start der Immobilienblase: Geld -beziehungsweise die Kreditaufnahme - war billig und wurde in den sprichwörtlichen Beton gesteckt, dessen Wert nach oben kletterte. Bis nach sieben Jahren auch die Blase platzte, denn die Kredite waren längst nicht mehr von dem Wert der Immobilien gedeckt. Daraus entfaltete sich eine Kreditkrise, die nicht nur die Banken der USA in Mitleidenschaft zog, sondern die globale, tief miteinander verwobene Finanzindustrie an den Rand des Abgrundes brachte. Damals war der republikanische Präsident George W. Bush im Amt.

Zuerst reagierte die Fed und senkte 2007 in der zweiten Jahreshälfte dreimal die Leitzinsen für den US-Dollar, bis schließlich alle großen Notenbanken die jeweils eigenen Leitzinsen senkten.

Bis neulich.

Während zuletzt die US-Wirtschaft wieder an Fahrt gewonnen hat, stottert der Konjunkturmotor im Euro-Raum weiterhin. Schließlich haben sich hierzulande noch handfeste Staatsschuldenkrisen zu der Bankenkrise hinzugesellt.

Und während die Fed die Leitzinsen nun bereits zweimal behutsam angehoben hat - auf die aktuelle Spanne von 0,5 bis 0,75 Prozent -, beharrt die Europäische Zentralbank EZB bei der Nullzinspolitik sowie einem groß angelegten Anleihenkaufprogramm. Die EZB erklärte am Donnerstag, dass sie ihren Kurs beibehalten werde. Nach einer Bundesbank-Studie haben die seit 2014 getroffenen EZB-Entscheidungen zu den Käufen bis Ende 2016 den Euro zum Dollar um 6,5 Prozent geschwächt.

Dafür hat der Dollar-Index, der den Wert der US-Devise zu anderen wichtigen Währungen widerspiegelt, seit Sommer 2016 um rund vier Prozent zugelegt. Das liegt daran, dass die US-Wirtschaft zuletzt kräftig gewachsen ist, auch wenn es im Schlussquartal 2016 nur zu einer aufs Jahr hochgerechneten Rate von 1,9 Prozent reichte, nach 3,5 Prozent im Sommer. Für 2017 hat die Fed weitere drei Schritte nach oben signalisiert. Das macht Investments im Dollar-Raum attraktiver.

Trotzdem. Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro hat diese Woche die Kritik seines Chefs an den Leitzinsen der anderen gegenüber der "Financial Times" wiederholt: Der Euro sei so etwas wie eine "implizite Deutsche Mark", dessen niedriger Wert Deutschland einen Vorteil gegenüber seinen wichtigsten Handelspartnern gebe. Durch die Unterbewertung würde sich Deutschland unfaire Wettbewerbsvorteile verschaffen. Auch Japan würde laut Navarro den Yen künstlich niedrig halten.

Berlin und Tokio wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Es ist es eine Ironie der Geschichte, dass Navarro gerade Deutschland ins Visier nimmt, dessen Ökonomen sich immer gegen die Niedrigzinspolitik der EZB ausgesprochen haben. Einen Tag vor der Entscheidung des Absenkens der Euro-Zinsen auf null hatte sich etwa der Bundesverband der deutschen Banken (BdV) zu Wort gemeldet und hatte - mit einem flehenden Appell, die Geldpolitik nicht weiter zu lockern - auf die Gefahr eines Währungskriegs hingewiesen. "Am Ende droht
ein Abwertungswettlauf", so BdV-Präsident Michael Kemmer damals.