Hoffnung auf Privatisierungen
Der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Athen, Gerd Dückelmann-Dublany, bezeichnet das als klaren Fall von "Überbesteuerung". Freiberufliche seien etwa insgesamt mit 65 Prozent Steuern konfrontiert, Unternehmen zahlen faktisch bis zu 80 Prozent Steuern. Investitionen aus dem Ausland halten sich dementsprechend in Grenzen - Unternehmen, etwa Reedereien, wichen bereits nach Bulgarien oder Zypern aus, so Dückelmann-Dublany. Es sei ein "Wettlauf gegen die Zeit", bis die Steuereinnahmen einbrechen - und ob bis dahin die Reformen greifen, sei fraglich.
Als weiteres großes Problem führt der Wirtschaftsdelegierte die verhältnismäßig vielen Importe des Landes an. Trotz Besserungen importiert das Land nach wie vor nahezu dreimal so viel, wie es exportiert - angesichts der kaum vorhandenen Industrie ein schwer zu lösendes Problem, dass sich mit landwirtschaftlichen Produkten und Tourismusbemühungen nicht glätten lässt.
Auch faule Kredite belasten Griechenland. 45 Prozent der Kredite im Wert von 108 Milliarden Euro werden seit mehr als drei Monaten nicht mehr bedient, so Dückelmann-Dublany.
Dennoch ist nicht nur Tsipras hoffnungsvoll, auch die OECD und die griechische Nationalbank prognostizieren heuer ein Plus beim BIP. Den Turnaround soll das Land mit Reformen und vor allem mit weiteren Privatisierungen schaffen. Auf diese Weise, so hat Griechenland seinen Geldgebern im Gegenzug für das dritte Hilfsprogramm versprochen, könne man bis 2022 insgesamt 14 Milliarden Euro einnehmen. Auch Dückelmann-Dublany sieht in Privatisierungen Chancen und verweist auf den Erfolg von Piräus. Der Hafen gehört mittlerweile mehrheitlich der chinesischen Großreederei Cosco und spielt dem griechischen Staat jährlich 100 Millionen Euro ein. Auch die Übernahme von 14 Flughäfen durch Fraport für eine Konzessionsgebühr von 1,23 Milliarden Euro soll künftig zur Sanierung des Staatshaushaltes beitragen. Weitere Anläufe zur Privatisierung wie etwa beim Gasnetz-Betreiber Desfa stehen ebenfalls bevor.
In zehn Jahren einmal pleite
Trotz des Zorns gegen die Auflagen der Gläubiger scheint es den Griechen wichtig, im Euro zu bleiben - dafür sprachen sich in einer Umfrage kürzlich 65 Prozent aus. Bedenkt man die Importabhängigkeit des Landes und dass 70 Prozent der Materialien für die heimische Industrie aus der EU kommen, wäre ein Grexit auch aus Sicht des Wirtschaftsdelegierten fatal.
Das Kreditausfallrisiko Griechenlands sollte jedoch nach wie vor zu denken geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland innerhalb von zehn Jahren einmal pleitegeht, liegt demnach bei 80 Prozent. Das Worst-Case-Szenario eines erneuten Zahlungsausfalles des EU-Landes sollte jedenfalls eingeplant werden.