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"Eine Zinserhöhung 2019 ist nicht ganz unrealistisch"

Von Ronald Schönhuber

Wirtschaft

Bundesbank-Chef Weidmann plädiert für ein rasches Ende der Anleihenkäufe. Zugleich macht er Sparern Hoffnung.


Wien. Dass er weiß, welche Knöpfe man drücken muss, machte Jens Weidmann gleich zu Beginn klar. Bereits nach den ersten paar Sätzen kam der Chef der Deutschen Bundesbank bei seinem Vortrag in der österreichischen Nationalbank auf das "Wunder von Cordoba" zu sprechen, das heuer ja ebenso wie die Gründung der Republik ein rundes Jubiläum feiert.

Dabei hätte Weidmann, dem zuvor von Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny das Goldene Ehrenzeichen mit Stern verliehen worden war, diese Anspielung auf den historischen 3:2-Sieg der österreichischen Fußballnationalmannschaft gegen Deutschland wohl gar nicht benötigt. Denn Österreich ist für den 49-Jährigen ohnehin so etwas wie ein Heimspiel. Schließlich gibt es zwischen der Bundesbank und der Oesterreichischen Nationalbank kaum Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die europäische Geldpolitik am besten gestaltet werden sollte.

In vielen anderen Ländern der Eurozone sind die Ansichten des ehemaligen Beraters von Kanzlerin Angela Merkel dagegen nicht so unumstritten. Denn Weidmann, der auch als künftiger EZB-Präsident im Gespräch ist, plädiert für eine rasche Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik des derzeitigen Amtsinhabers Mario Draghi, der in den vergangenen Jahren mit Niedrigzinsen und einem vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkaufprogramm versucht hat, die lange Zeit viel zu niedrige Inflation in den Griff zu bekommen.

Nach bisheriger Planung will die EZB nämlich noch bis Ende September 2018 Anleihen im derzeitigen Volumen von monatlich 30 Milliarden Euro kaufen. Und sie könnte das mittlerweile auf 2,5 Billionen Euro angelegte Programm auch noch verlängern, wenn die Preise nicht so stark anziehen wie erhofft. Weidmann machte am Montag in Wien dagegen deutlich, dass es aus seiner Sicht längst an der Zeit ist, die Anleihenkäufe durch die EZB zu beenden. "Mittelfristig muss die Geldpolitik, im Einklang mit dem Preisausblick, normalisiert und so geldpolitischer Handlungsspielraum zurückgewonnen werden", sagte der Bundesbank-Chef. Denn der aktuelle wirtschaftliche Aufschwung steht nach Ansicht Weidmanns zwar auf breiten Beinen, doch er wird naturgemäß nicht ewig dauern. Und dann benötige die EZB wieder Munition, um in Krisen gegensteuern zu können.

Bei seiner Rede machte Weidmann den Sparern aber durchaus Hoffnung, dass die Zeit der Zinstiefststände, schon bald vorbei sein könnte. "Die Märkte sehen eine erste Zinsanhebung etwa zur Mitte des Jahres 2019, was wohl nicht ganz unrealistisch ist", sagte der Bundesbank-Chef.

Klar auf seinem bisherigen Kurs blieb Weidmann bei seinem Wien-Besuch aber nicht nur in Bezug auf das Anleihenkaufprogamm. Der Bundesbank-Chef erteilte auch den Rufen nach einem Ausbau der Gemeinschaftshaftung und einer stärkeren europäischen Risikoteilung, wie sie zuletzt auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gekommen sind, eine relative eindeutige Absage. "Entscheidet sich die Politik, verstärkt fiskalische Risiken zu teilen, müssten meines Erachtens im Gegenzug Souveränitätsrechte abgegeben werden. Denn wer mithaften soll, muss auch mitbestimmen können. Andernfalls besteht die Gefahr von Fehlanreizen", betonte Weidmann. Die angesprochene Bereitschaft zur Abtretung von nationalen Kompetenzen gäbe es derzeit allerdings nicht.