Phoenix. (rs) Als Uber im Jahr 2016 nach Arizona kam, wurde an einem Hochhaus in der Millionenmetropole Phoenix ein großes Plakat zur Begrüßung aufgehängt. Auch Doug Ducey, der Gouverneur des im Südwesten der USA gelegenen Bundesstaates, zeigte sich damals enthusiastisch. "Arizona heißt Uber mit offenen Armen und offenen Straßen willkommen", erklärte der republikanische Politiker, der sich zuvor aktiv darum bemüht hatte, den Fahrdienstvermittler nach dessen Streitigkeiten mit den kalifornischen Regulierungsbehörden nach Arizona zu holen.
Von diesem Enthusiasmus ist bei Ducey heute allerdings nichts mehr übrig. Knapp eine Woche nach der tödlichen Kollision eines Uber-Roboterautos mit einer Fußgängerin entzog der Gouverneur dem Unternehmen nun die Erlaubnis für Testfahrten mit autonomen Fahrzeugen. Die Videobilder des Vorfalls seien "verstörend und alarmierend", schrieb Ducey in einem Brief an Uber-Chef Dara Khosrowshahi. Der Unfall sei fraglos ein Versagen des Unternehmens in Bezug auf die Erwartung, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.
In dem Video, das eine Kamera auf dem Armaturenbrett des Roboterautos aufgezeichnet hat, ist zu sehen, wie die Fußgängerin ihr Fahrrad über eine offenbar unbeleuchtete Straße in der Stadt Tempe schiebt: Scheinbar aus dem Nichts tauchen zuerst ihre Füße im Bild auf, eineinhalb Sekunden später wird die 49-Jährige von dem Auto in voller Fahrt getroffen. Die Aufnahmen aus dem Inneren des Autos zeigen dabei, dass sich die Fahrerin, die im Notfall eingreifen soll, vor dem Zusammenprall offensichtlich auf die Automatikfunktion ihres Wagens verlassen hatte: Sekundenlang blickt sie nach unten, erst kurz vor dem Zusammenprall schaut sie auf und schnappt entsetzt nach Luft.
Hell oder dunkel?
Warum die Sensoren des selbstfahrenden Autos die Fußgängerin nicht registriert haben, ist nach wie vor unklar. Denn anders als das menschliche Auge sollten die bei Roboterwagen eingesetzten Radar- und Lasersysteme Hindernisse selbst bei sehr schlechten Lichtverhältnissen erkennen können. Laut Polizei bremste der umgebaute und adaptierte Volvo-Geländewagen aber weder ab, noch versuchte er auszuweichen.
Duceys Entscheidung dürfte allerdings nicht allein auf Grund des vom Roboterauto aufgenommen Videos gefallen sein. Denn in den vergangenen Tagen sind gleich mehrere Hinweise aufgetaucht, die den tödlichen Unfall in ein neues Licht rücken. So haben Anrainer in Tempe etwa Videos auf die Online-Plattform YouTube gestellt, auf denen zu sehen ist, wie die Unfallstrecke nochmals in der Nacht abgefahren wird. Und anders als auf den Uber-Aufnahmen ist die Straße hier nicht dunkel, sondern wird durch Straßenlaternen gut ausgeleuchtet. In einer ersten Einschätzung hatte die Polizei von Tempe dagegen erklärt, der Unfall sei egal in welchem Fahrmodus kaum zu verhindern gewesen, weil die Fußgängerin "aus dem Schatten direkt auf die Straße gekommen" sei.
Laut einem Bericht der "New York Times" kämpft das Roboterwagen-Programm von Uber zudem schon seit Monaten mit Problemen. So sollen die selbstfahrenden Fahrzeuge des Fahrdienstvermittlers einem internen Bericht zufolge Schwierigkeiten bei Baustellen und neben Sattelschleppern gehabt haben. Außerdem hätten die menschlichen Sicherheitsfahrer häufiger als angestrebt die Kontrolle übernehmen müssen. Uber habe in Arizona sogar erhebliche Probleme gehabt, das interne Ziel von knapp 21 Kilometern zu schaffen. Bei der Google-Schwesterfirma Waymo, die schon deutlich länger im Geschäft ist, mussten die menschlichen Fahrer während der Testfahrten in Kalifornien dagegen nur alle 9000 Kilometer ins Geschehen eingreifen.
Entwickler unter Druck
Laut der "New Yorks Times" dürfte in den letzten Monaten zudem der Druck auf die Uber-Entwickler gestiegen sein. So wollte das Unternehmen offenbar schon im kommenden Dezember einen kommerziellen Fahrdienst mit selbstfahrenden Autos an den Start bringen. Außerdem hätten die Verantwortlichen den neuen Uber-Chef Khosrowshahi bei einem für April geplanten Besuch in Arizona mit einer reibungslosen Fahrt beeindrucken wollen. Khosrowshahi soll nach seinem Amtsantritt im September erwogen haben, die Roboterwagen-Entwicklung einzustellen.