Der Konzern achtet penibel darauf, den Kern seines Geschäftsmodells trotz aller Skandale nicht anzutasten. Deshalb ist auch die Anwendung der umfassenden EU-Datenschutzregeln für Facebook-Nutzer in Afrika, Asien, Australien und Lateinamerika kein Thema. Bisher galten für alle Mitglieder außerhalb der USA und Kanada die Nutzungsbedingungen der internationalen Zentrale in Irland. Ab Mai wird sich das ändern. Dann werden nur noch die 370 Millionen Nutzer in Europa Irland zugeordnet.

Für Hochreiter stellt der gegenwärtige Facebook-Skandal keine große Überraschung dar: Es sei "von Anfang an klar" gewesen, dass "alles, was ich poste, gegen mich verwendet und verkauft wird". Bis zum Jahr 2010 sei Facebook vor allem "ein großer Spaß" gewesen. "Die Leute haben alles gepostet". Dann erst sei langsam das Bewusstsein entstanden, dass Vorsicht geboten wäre.

"In Relation zu Google haben wir die allerwertvollsten Daten überhaupt", weiß Peter Bosek, Vorstandsmitglied der Erste Group und Mitdiskutant. Denn: "Wir wissen, wo das Geld hingeht. Das ist wahrscheinlich die wertvollste Information."

Er glaube, so Bosek unter Verweis auf das Bankgeheimnis, dass die Debatte rund um die neue EU-Datenschutzverordnung "für uns eine unglaubliche Positionierungschance" darstelle. "Sie können sich 2000 Prozent sicher sein, dass ich ihre Daten nicht zur Verfügung stelle. Das ist unser Modell. Unsere Gründungsidee ist die, ihre Daten zu beschützen", wirbt Bosek. Allerdings sind mit 1. Jänner dieses Jahres Banken auf ausdrücklichen Kundenwunsch dazu verpflichtet, Daten zugänglich zu machen. Etwa wenn es darum geht, dass Anwendungen wie "Personal-Finance-Manager" gefüttert werden sollen. Dabei handelt es sich um Apps, die dem Kunden Finanzprodukte-Angebote machen, die angeblich genau auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. "Welchen Wert haben Daten, die für alle zugänglich sind?", fragt Bosek. "Ich würde sagen: null". Das hält er für "traurig".

Europa ist Vorreiter

Die EU, so Bosek, nehme durch ihre Bemühungen beim Datenschutz eine Vorreiterrolle ein. In den USA sei man daran sehr interessiert, da man dort mit riesigen Daten-Lecks kämpfe und nicht über eine Regulierungstradition wie in Europa verfüge.

Die politische Brisanz von Daten-Missbrauch bei Facebook ist ebenfalls nicht zu unterschätzen und tritt spätestens seit dem Skandal rund um Cambridge Analytica offen zutage. Für 44 Prozent der US-Amerikaner ist Facebook die erste Informationsquelle, hier gibt es keine Journalisten, die auf Qualität achten und Informationen filtern. Werden potenzielle Hillary-Clinton-Wähler in großer Zahl mit Fehlinformationen und "News-Spam" versorgt, kann das unter Umständen wahlentscheidend sein.

Wie bringen Unternehmen Kunden dazu, ihre Daten preiszugeben? Feststellbar ist, dass die Menschen schon durch kleine Geschenke (Rucksäcke, T-Shirts etc.) bereit sind, Unternehmen mit Informationen zu füttern. Allerdings könne das aus Sicht dieser Unternehmen schnell "zu einem gefährlichen Spiel" werden, sagt Banker Bosek. Nämlich dann, wenn "auf diesem Klavier zu stark gespielt wird". "Wenn Sie mit 18 eine Zigarette geraucht haben und dann keine Krankenversicherung mehr bekommen, ist das kein Zustand, den wir wollen." Irgendwo fänden "diese Dinge eine natürliche Grenze".