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Was kommt nach dem Warnschuss?

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft

US-Zölle auf Stahl treffen Österreichs Exporteure noch kaum. Zusätzliche Maßnahmen wären aber schmerzhaft.


Wien. Die Geschäfte gehen gut, daran ändert auch die Person Donald Trump nichts. Die Zahlen, die Österreichs Wirtschaftsdelegierter in den USA, Michael Friedl präsentiert, sind jedenfalls beeindruckend. Die USA sind zweitwichtigster Warenexportmarkt für Österreich, der Handelsüberschuss beträgt 3,85 Milliarden Euro. Wobei die österreichischen Exporte in die USA zuletzt im Schnitt um acht Prozent jährlich zugenommen haben. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es 700 Niederlassungen österreichischer Firmen, Österreich schafft in den USA 38.000 Jobs - oft in Regionen, in denen Arbeit Mangelware ist.

502 Tage im Amt

Aber Trump. Der launische Präsident ist eine fixe Größe und ein unberechenbarer Risikofaktor. Der WKO-Delegierte ist bemüht, die Bedeutung des Ex-Tycoons zu relativieren. Die USA seien beileibe nicht mit Trump gleichzusetzen, so Friedl. Subtrahiere man alle, die 2017 nicht wählen wollten oder konnten, hätten nur 18 Prozent dem twitternden Provokateur ihre Stimme gegeben.

Was bekanntlich ausreichend war. Zudem erfreut sich Trump jetzt einer stabilen Popularität. 40 Prozent der US-Amerikaner seien mit Trump zufrieden, das wären nur fünf bis acht Prozent weniger als unter anderen Präsidenten, weiß Friedl. Und der Rückhalt in der eigenen Partei ist groß, er beträgt 87 Prozent. Dieser Wert sei nur von George W. Bush überboten worden - allerdings nach 9/11, als die USA von einer Welle des Patriotismus erfasst wurden.

502 Tage Trump im Amt waren am Dienstag Anlass, ein vorläufiges Resümee zu ziehen. Der Präsident, so Friedl, habe zahlreiche Wahlversprechen umgesetzt: so die umfassendste Steuerreform seit den 1980er Jahren und Deregulierungsmaßnahmen. Für jede neue Verordnung, die erlassen werde, müssten jetzt zwei alte begraben werden, berichtet Friedl. Die Trump-Administration würde absichtlich Beamte in Behörden setzen, die massiv gegen das eigene Amt arbeiteten. Und die Justiz werde zudem mit konservativen Richtern durchsetzt.

Klar ist, dass Trump seiner Anhängerschaft einiges schuldig blieb - etwa die Mauer zu Mexiko oder das Einreiseverbot für Personen aus muslimischen Ländern. Die angekündigten Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von einer Billion Dollar lassen ebenfalls auf sich warten. Diese Projekte hätten nicht aus dem öffentlichen Haushalt, sondern via Private Public Partnership (PPP) finanziert werden sollen. Die Staatsverschuldung der USA ist enorm hoch, sie liegt bei 120 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Österreicher, die in den USA geschäftlich unterwegs sind, werden freilich von Trump nur am Rande berührt. Hier sei wichtiger, was lokale Entscheidungsträger wie Bürgermeister entscheiden, sagt Friedl.

Und die Zölle, mit denen Trump Stahl- und Aluminiumimporte belegt hat? Noch werden davon nur fünf Prozent der österreichischen US-Ausfuhren berührt, so Friedl, die Auswirkungen wären also überschaubar. Das würde sich allerdings schlagartig ändern, wenn künftig Autoteile aus Österreich ebenfalls von US-Zöllen betroffen wären. Österreich exportiere entsprechendes Material im Wert von 1,8 Milliarden Euro in die USA, da könnten 450 Millionen Euro schnell wegfallen, rechnet Friedl vor. Damit wäre das Exportwachstum dahin.

Einen Handelskrieg hält auch Friedl für "gefährlich", der Handelsdelegierte will aber nicht ausschließen, dass Trump in Zukunft einlenkt. Zumal er durch diese Maßnahmen vielleicht "20.000 Jobs retten, Millionen weitere in der verarbeitenden Industrie aber gefährden" würde.

Eine pessimistische Generation

Wobei die US-Arbeitslosigkeit ohnehin bei einem Tiefstand von 4,1 Prozent liegt. Das ist die Schwelle, ab der die US-Notenbank von Vollbeschäftigung ausgeht. Die meisten neuen Jobs werden laut Friedl im Dienstleistungsbereich geschaffen, im Gesundheitsbereich, in der IT und in der Baubranche. Allerdings, so Friedl, sei in zahlreichen Sparten der Lohn real "seit 20 bis 25 Jahren nicht mehr gestiegen". Pessimismus mache sich breit, es gebe jetzt eine Generation, die in der "unamerikanischen Erwartung" lebe, dass es ihr künftig schlechter als der vorigen gehen werde. Hier habe Trump viele Stimmen bekommen.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich der US-Wirtschaftsaufschwung 2018 fortsetzen wird. 2017 legte die Konjunktur um 2,2 Prozent zu, für 2018 wird ein Wachstum von 2,6 Prozent erwartet. 2019/20 soll es dann zu Einbrüchen kommen.