Frankfurt/Dublin. (apa/leg) Michael OLeary liebt die große Bühne. Pressetermine mit dem Chef der Billigfluglinie Ryanair erregen oft Aufsehen. Etwa als OLeary 2003 mit einem Weltkriegspanzer durch das Städtchen Luton nördlich von London fuhr, direkt vor die Zentrale des Konkurrenzunternehmens easyjet, und dort brüllte: "Wir werden das Luftfahrtgeschäft, so wie wir es kennen, zerstören!" Oder als er sich 2010 mit leicht bekleideten Stewardessen ablichten ließ, um einen Ryanair-Bademodenkalender zu promoten. Auch als Batmans Gehilfe Robin hat man OLeary schon gesehen. Als solcher wollte er Großbritannien vor dem Brexit retten.
Doch nun steht der Mann, der Ryanair seit 1993 führt und der das ehemalige Kleinunternehmen zur zweitgrößten Fluggesellschaft Europas nach der Lufthansa Group gemacht hat, in einer wenig imagefördernden Art und Weise im Rampenlicht. Die eigenen Piloten rebellieren gegen den exzentrischen Chef und dessen konsequente Billig-Strategie, gegen das Prinzip "niedrigste Preise/keine Extras", das die Airline groß gemacht hat und für dessen konsequente Umsetzung OLeary steht. So sperrte sich der irische Konzernboss lange gegen Gewerkschaften bei Ryanair. Er würde lieber seine Hand abhacken, als Gewerkschaften bei seiner Airline dulden, wurde OLeary einst zitiert. Erst nach massivem Druck akzeptierte der Chef der irischen Billigfluglinie im Dezember vergangenen Jahres erstmals Gewerkschaften in seinem Unternehmen.
"Kim Jong OLeary"
Nun haben ihm seine Piloten den Kampf angesagt. Am gestrigen Freitag fand der bisher größte Pilotenstreik in der Geschichte von Ryanair statt, der laut Ankündigungen vom Freitag am Samstag um 2.59 Uhr wieder vorbei sein sollte. Vor allem Deutschland war betroffen, Ryanair strich aufgrund des Streiks dort 250 Flüge mit rund 42.000 Passagieren. Europaweit musste die Airline 400 Flüge streichen. "Wir hoffen, dass Ryanair unser Signal verstanden hat und dann zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist", sagte der Sprecher der deutschen Pilotengewerkschaft VC (Vereinigung Cockpit), Janis Schmitt. Ryanair zeigte sich am Freitag von dem Streik noch unbeeindruckt.
Der Tarifstreit bei der irischen Billigfluglinie schwelt schon seit Monaten. VC behauptet, dass die Arbeitszeiten der Piloten zu lang wären und dass viele Piloten übermüdet am Steuerknüppel säßen. Außerdem will die Gewerkschaft eine Reform der bisherigen Gehaltsstruktur. So bekommen die Co-Piloten laut VC rund die Hälfte ihres Gehalts leistungsabhängig, Kapitäne ein knappes Drittel. Bei Krankheit würden die Piloten das auf dem Lohnzettel spüren. Die Piloten hätten gerne ein "berechenbares Gehalt"; sagte Janis. Sie möchten auch nicht das "unternehmerische Risiko von Ryanair tragen."
Ryanair hält dagegen, dass die Piloten bis zu 190.000 Euro bekommen könnten. Diese Summe sei mindestens 30 Prozent höher als bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings. Außerdem habe man erst im Februar die Gehälter der rund 400 festangestellten Piloten um ein Fünftel angehoben. Was die Arbeitszeit betrifft, verweist man auf den Dienstplan des Unternehmens, der für Piloten nach fünf Arbeitstagen vier freie Tage vorsieht. Bis Herbst will man eine Lösung im Tarifstreit finden.
Für Beobachter sieht es jedenfalls so aus, dass der Streik vom Freitag nicht der letzte war. Zu weit sind die Vorstellungen OLearys, der bei seinem Erfolgskonzept keine Abstriche machen will, von denen der Gewerkschaft entfernt. Und auch der Umgangston ist beiderseitig nicht der netteste. Laut dem "Stern" soll OLeary seine Piloten "überbewertete Taxifahrer" nennen. Und diese nennen ihn - in Anspielung auf den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un - "Kim Jong OLeary".