Berlin. (da/reu) Drohende Fahrverbote in Stuttgart, Frankfurt und womöglich weiteren Großstädten sowie hohe Wertverluste für alte Diesel-Pkw auf dem Gebrauchtwagenmarkt haben den Druck auf die deutsche Regierung erhöht, schnell für saubere Luft zu sorgen. Eine Nachrüstung von Dieselautos mit Katalysatoren würde Studien zufolge den Stickstoff-Ausstoß um etwa drei Viertel verringern. Weil aber die Kosten zum Umbau bei 3000 Euro pro Auto liegen, bremste Verkehrsminister Andreas Scheuer.
Dessen CSU berücksichtigt in Bayern das Wohl der Industrie, residieren doch BMW und Audi im Freistaat. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) befürwortet hingegen die Nachrüstungen und auch die eigentlich autoaffine Kanzlerin Angela Merkel ist auf diesen Kurs geschwenkt. Scheuer muss nun zurückziehen. Sein Ministerium plant in einem Konzept, das BR und "Spiegel" zugespielt wurde, drei Möglichkeiten: Rückkauf, Umtauschprämien und eben doch Hardwarenachrüstung.
Gilt nur für "Intensivstädte"
Konzerne sollen Pkw der Schadstoffnormen Euro 4 und Euro 5 zurückkaufen und dabei einen "Wertverlust-Ausgleich" von 20 Prozent zahlen. Damit dürften die Besitzer deutlich höhere Preise als derzeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt erzielen. Als zweite Option sollen Automobilunternehmen Prämien zahlen, wenn der Kunde auf ein Euro-6-Auto umsteigt. Wer beides nicht möchte, soll auf die Nachrüstung zurückgreifen.
Gültig sind diese Angebote allerdings nur für zehn sogenannte Intensivstädte wie München, Stuttgart und Köln sowie Personen, die im Radius von 70 Kilometern dieser Städte leben und in den Ballungsgebieten arbeiten. In den "Intensivstädten" liegt die Stickoxidbelastung bei mehr als 55 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit deutlich über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm.
Erst wollte Verkehrsminister Scheuer die Lenker mit 20 Prozent an den Umrüstungskosten beteiligen. Am Dienstag rückte er jedoch davon ab.
1,38 Millionen Pkw sind von den Plänen betroffen. Im unwahrscheinlich Maximalfall würde dies grob gerechnet 4,1 Milliarden Euro an Nachrüstungskosten bedeuten. In Scheuers Ministerium geht man allerdings davon aus, dass nur 20 Prozent der Lenker diese Option wählen. Am Freitag soll bei einem Dieselgipfel über das Konzept beraten werden.
Bereits jetzt stellt sich Merkel hinter den Vorschlag der EU-Kommission, die vorschlägt, bis 2030 solle der Kohlendioxid-Ausstoß um 30 Prozent verringert werden. Das EU-Parlament will Einsparungen von mindestens 40 Prozent, ebenso Umweltministerin Schulze.