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Die Angst vor dem Ende des Niedrigzinses

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Der Finanzstabilitätsbericht des Internationalen Währungsfonds warnt vor gestiegenen Risiken im globalen Finanzsystem.


Washington. Der Zustand der globalen Finanzmärkte hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. Zu diesem Erkenntnis kommt der aktuelle "Global Financial Stability Report" des Internationalen Währungsfonds. Ein Problem, das sich stärker abzeichnet, als noch vor einem halben Jahr: Die USA setzen sich mit ihrer Währungspolitik und der wirtschaftlichen Erholung deutlich vom restlichen globalen Feld ab. Und das führt zu einer Unausgewogenheit im weltweiten Zusammenspiel. Denn hier werden Geldströme abgezogen, Staatsschulden in Fremdwährungen verteuern sich.

Aber der Reihe nach.

Das weltweite Wirtschaftswachstum ist stark, trotz des Revidierens der Prognose des World Economic Outlook. Doch das Wachstum wird zunehmend ungleichmäßig. Während viele Finanzmärkte auf kurze Sicht weiterhin mit einer von den Notenbanken bereitgestellten Geldschwemme operieren, damit dem Wachstum auf die Sprünge geholfen wird, wurden die monetären Zügel in manchen Schwellenländern im vergangenen halben Jahr bereits merklich angezogen.

Das habe zum Teil mit länderspezifischen Gründen zu tun, aber auch mit der Verschlechterung der externen Finanzsituation sowie den Drohungen eines Handelskrieges.

Mittelfristig bleiben die Risiken für die Finanzmärkte, wie schon im Stabilitätsreport aus dem April bemängelt, weiter erhöht. Die Verwundbarkeit der Märkte ist nach wie vor nicht beseitigt worden, vor allem in Sachen Verschuldungsgrad und sehr hohen Bewertungen für Vermögenswerte.

Dazu kommen die relativ neuen Risiken wie eine weitere Eskalation im Handelskrieg (die USA und China überziehen sich ja gerade mit Zollaufschlägen) sowie "politische Unsicherheit in großen Staaten".

Ohne explizit darauf einzugehen, meint der Report wohl vor allem die inkonsistente Außenhandelspolitik der USA, den Machtwechsel in Brasilien sowie der Brexit Großbritanniens.

"Plötzliche Verschlechterung"

All das kann zu einer "plötzlichen Verschlechterung" der Risiken führen "und eine breite Korrektur in globalen Kapitalmärkte" auslösen - inklusive der Verschlechterung der Finanzierungskonditionen. Das wird spannend: Denn die Widerstandsfähigkeit des (nach der Krise) neu geordneten globalen Finanzsystems wurde noch nicht getestet, schreibt der IWF in seinem Report.

"Die Marktteilnehmer werden sich immer stärker darauf konzentrieren, wie sich die Normalisierung der Geldpolitik und der eskalierende Handelsstreit auf Aktienmärkte und die wirtschaftlichen Fundamentalzahlen auswirkt", meint der IWF.

Der auslaufende Geldsegen könne Verwundbarkeiten offenlegen, die sich in den vergangenen Jahren dank der Niedrigzinspolitik aufgebaut haben.

Die US-Notenbank Fed hat bereits Ende 2015 die Zinswende eingeläutet. Allein in diesem Jahr hat die Fed bereits drei Zinsschritte gesetzt.

Und wenn auch die Banken einen Stresstest nach dem anderen durchlaufen haben - die höhere Verschuldung lässt den globalen Nichtfinanzsektor empfindlich auf Veränderungen bei Leitzinsen reagieren. Allerdings ist die konkrete Verwundbarkeit aufgrund der Schulden in allen Staaten unterschiedlich.

In den USA bauen sich die Risiken bei der Verschuldung des öffentlichen Sektors weiter auf, auch wenn die Haushalte ihre Schulden verringern. Auch sind viele US-Unternehmen nur noch moderat verschuldet, dank der höheren Gewinne der jüngeren Vergangenheit. Doch der Anteil von neuen hochspekulativen Kreditgebern, die eben keine Banken sind und sich aber stark über Fremdkapital finanzieren, ist in den USA gewachsen.

Im Euroraum ist die Verschuldung bei Unternehmen und Staaten weiterhin hoch, meint der IWF. Die Staaten kämpfen immer noch mit den Nachwirkungen der lockeren Geldpolitik. Bekanntlich will die Europäische Zentralbank zum Jahresende ihre Anleihenkäufe auslaufen lassen. Eine Zinswende will man frühestens im Herbst 2019 einläuten.