"Wiener Zeitung": Der Weltklimarat IPCC kommt in seinem vor kurzem veröffentlichten Sonderbericht zu dem Schluss, dass selbst eine Erwärmung von zwei Grad Celsius schwerwiegende Folgen für unseren Planeten hat. Zugleich wird eindringlich davor gewarnt, dass wir mit den derzeit geplanten Maßnahmen zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen nicht einmal das Zwei-Grad-Limit schaffen. Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dem Klimawandel. Gibt es irgendwas, das Sie hoffen lässt, dass nicht alles in einem völligen Desaster endet?

Alzbeta Klein ist Direktorin für Climate Business bei
Alzbeta Klein ist Direktorin für Climate Business bei

Alzbeta Klein: Der IPCC-Bericht hat eines in den Fokus gerückt, und das ist die Dringlichkeit. Wir haben alle gedacht, dass wir 20, 30 oder 40 Jahre haben, um eine Veränderung zu bewirken. Aber die Sache hat absolute Dringlichkeit. Und diese Dringlichkeit betrifft unsere heutigen Entscheidungen: Was und wie bauen wir? Was entwickeln wir? Davon wird es abhängen, welchen Effekt wir im Jahr 2030 haben. Allein in Indien werden etwa in den nächsten Jahren 600 Millionen Klimaanlagen verkauft werden. Der Preisunterschied zwischen einem effizienten und stromsparenden Klimagerät und einem nicht effizienten ist nicht sehr hoch, aber die jetzt verkaufte Generation an Klimageräten wird für die nächsten fünf bis zehn Jahre da sein. Grundsätzlich bin ich aber auf der optimistischen Seite des Spektrums, und zwar wegen zwei Dingen. Das erste ist Innovation, das zweite ist Technologie. Zusammen wird das einen Unterschied machen.

Lassen Sie uns dabei bleiben. Viele Experten gehen davon aus, dass Unternehmen eine wesentliche Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen werden. Und diese Unternehmen werden ihren Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen nicht deshalb reduzieren, weil ihnen das mit Gesetzen vorgeschrieben wird, sondern weil sie es selbst wollen. Was ist da passiert? Bis vor kurzem wurde Klimaschutz von Firmen vor allem als teuer und als Jobkiller gebrandmarkt.

Ein paar Dinge sind hier passiert. In einer großen Anzahl von Ländern ist das Klimathema mittlerweile von den Umweltministerien zu den Finanz- und Wirtschaftsministerien gewandert. Es bewegt sich in diese Richtung, weil Klima mittlerweile eine Frage des finanziellen Risikos, der finanziellen Regulierung und der Geschäftschancen für Unternehmen ist. Und das lässt sich natürlich weiter herunterbrechen. Wenn Sie heute ein Versicherungsunternehmen sind, das stark in der Schadens- und Unfallversicherung engagiert ist und viele Kunden im Süden der USA hat, dann häufen Sie derzeit wohl gerade Verluste wegen der aktuellen Hurrikan-Saison an. Das ist kein Umwelt-, sondern ein finanzielles Risiko.