Braunschweig In Deutschland ist der Startschuss für einen Mammut-Prozess gefallen, in dem es um Schadensersatzansprüche von möglicherweise Millionen VW-Besitzern geht. Eine Sprecherin des Oberlandesgerichtes Braunschweig bestätigte am Donnerstag den Empfang der sogenannten Musterfeststellungsklage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Vzbv. Die Organisation will feststellen lassen, dass der Autobauer wegen manipulierter Abgassteuerung für den Schaden von Volkswagen-Besitzern mit bestimmten Dieselmotoren geradestehen muss. Das Verfahren kann sich Jahre hinziehen, bis ein abschließendes Urteil fällt.
Kolba: Betroffene in Österreich
sollen sich der Klage anschließen
Für die vom Automobilklub ADAC unterstützte Klage kommen theoretisch 2,5 Millionen Besitzer von Fahrzeugen der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Dieselmotoren des Typs EA 189 in Deutschland in Betracht. Zunächst wird nach Angaben der OLG-Sprecherin die Klage VW zugestellt. Danach läuft eine Frist von maximal 14 Tagen, in denen das Gericht feststellt, ob die Klage zulässig ist oder nicht. Der Vzbv muss dafür nachweisen, dass es mindestens zehn Verbraucher gibt, die gleichen Schaden vom selben Urheber haben. Erst dann können sich Geschädigte der Klage kostenlos anschließen. Dafür müssen sie sich in einer vom Bundesamt für Justiz im Internet veröffentlichten Liste eintragen lassen.
Die Behörde hat angekündigt, dass die Liste Mitte November online geht. Ein Gradmesser für das Interesse an der Musterfeststellungsklage ist ein Newsletter über das Verfahren, den bislang rund 40.000 Verbraucher abonniert haben. Neben deutschen VW-Fahrern kommen nach Angaben der Vzbv-Juristen auch Geschädigte in anderen EU-Ländern für Klage vor dem OLG Braunschweig in Betracht. Der neue Verbraucherschutzverein von Ex-Liste-Pilz-Klubchef Peter Kolba bekräftigte nun seine Empfehlung an 340.000 betroffene Österreicher, sich dieser Klage anzuschließen. Die heimischen Geschädigten der Marken VW, Audi, Seat und Skoda können sich - nach der Veröffentlichung der Klage, die bis spätestens 15. November erfolgen muss - ebenfalls beim deutschen Bundesamt für Justiz kosten- und risikolos anmelden, erklärte Kolba. Eine Vertretung durch einen Anwalt sei nicht nötig.
Sollte der Vzbv auf ganzer Linie Erfolg mit seiner Klage habe, wird es für VW teuer. Denn Ziel ist die Erstattung des Kaufpreises. Die Gefahr sieht der Konzern offiziell nicht. "Schon heute bleiben vor Landgerichten die Klagen von Volkswagen-Kunden überwiegend erfolglos", teilte VW mit. Zudem sei mit einem jahrelangen Verfahren rechnen. "Selbst wenn die Musterklage Erfolg haben sollte, muss jeder einzelne noch einmal vor Gericht ziehen und seinen individuellen Schaden in einem Einzelverfahren darlegen und beweisen."
Die deutsche Justizministerin Katarina Barley erwartet nicht, dass VW nach einer verlorenen Klage, gegen individuelle Schadensersatzansprüche großen Widerstand leisten wird: "Weil sie wissen, dass sie jeden Folgeprozess verlieren würden", sagte sie im Deutschlandfunk. Jeder vernünftig denkende Unternehmer werde sich dann sagen: "Okay, dann versuche ich, das Ganze, wenn ich schon zahlen muss, möglichst schnell und möglichst geräuschlos abzuräumen."