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Schuldenberater setzen auf leichte Sprache

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Ein neues Wörterbuch soll überschuldeten Menschen helfen, den Ablauf eines Privatinsolvenzverfahrens besser zu verstehen.


Wien. Rund 60.000 Personen, die meisten von ihnen bereits überschuldet, wenden sich pro Jahr an eine der zehn staatlich anerkannten Schuldenberatungsstellen in Österreich. 40 Prozent der Klientel haben als höchsten Bildungsabschluss eine Pflichtschule, und viele Hilfesuchende tun sich schwer dabei, den komplexen Ablauf einer Schuldenregulierung nachzuvollziehen. Ein "Schulden-Wörterbuch" in Leichter Sprache soll hier Abhilfe schaffen.

"Das Bildungsniveau unserer Klientel liegt unter dem Niveau der Gesamtbevölkerung", sagt Clemens Mitterlehner, Chef des Dachverbands der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, der das Wörterbuch herausgegeben hat. Es soll den Schuldenberatern beim Erklären helfen und Klienten das Verstehen leichter machen.

Die Publikation ist mit dem Leichter Lesen-Gütezeichen in Sprachniveau B1 zertifiziert, was dem Level nach vier Jahren Hauptschule beziehungsweise Neue Mittelschule (NMS) entspricht. 70 Fachbegriffe rund um das Thema Schulden - von A wie Außergerichtlicher Ausgleich bis Z wie Zinsen - werden mit einfachen Worten und in kurzen Sätzen so erklärt, dass sie auch von Menschen mit Leseschwäche verstanden werden. Ergänzend werden die Abläufe von Privatkonkurs, Zahlungsplan und Abschöpfungsverfahren Schritt für Schritt erläutert. Dabei wird auch klargestellt, an welche Regeln sich die Schuldner halten müssen, um wieder schuldenfrei zu werden.

Laut Mitterlehner haben hierzulande zwei Millionen Erwachsene eine Leseschwäche, viele wichtige Informationen bleiben ihnen daher vorenthalten. Maria Reiffenstein, Leiterin der Sektion Konsumentenpolitik im Sozialministerium, betonte die Notwendigkeit, Informationen so aufzubereiten, dass alle an der Gesellschaft teilhaben und Eigenständigkeit erlangen können.

Privatkonkurs-Welle wird wieder abflauen

Im vergangenen Jahr haben viele überschuldete Menschen auf die vereinfachten Regeln beim Privatkonkurs gewartet, weshalb es heuer zu einem deutlichen Anstieg bei den Privatpleiten gekommen ist. Mitterlehner rechnet bis zum Jahresende mit mehr als 10.000 Fällen, nach rund 8200 im Vorjahr. Im kommenden Jahr werde es wieder zu einem Abklingen der Welle kommen.

Das im November 2017 in Kraft getretene Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG 2017) ermöglicht Privatpersonen eine schnellere und leichtere Entschuldung, da die verpflichtende Mindestquote von 10 Prozent sowie die Entschuldungsdauer von sieben Jahren gekippt wurden. Es nehmen nun vermehrt einkommensschwache Schuldner mit relativ geringen Verbindlichkeiten und ehemalige Selbständige das neue Insolvenzrecht in Anspruch.

Die durchschnittliche Verschuldung der Menschen im ersten Jahr des neuen Privatkonkurses hat sich laut Alpenländischem Kreditorenverband (AKV) von rund 112.000 auf rund 167.000 Euro erhöht. Bei den Männern, auf die knapp zwei Drittel der Verfahren entfallen, sind es durchschnittlich sogar fast 208.000 Euro.