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Und der Rest ist die Notenbank

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Die Bankenaufsicht wandert zur FMA, die Regulierung zum Finanzminister. Für die Notenbank bleibt nicht sehr viel übrig.


Wien. Für die Bankenaufsicht ist künftig nur noch die Finanzmarktaufsicht (FMA) zuständig. Und nicht wie bisher Notenbank (OeNB) und FMA gemeinsam. Getrennt werden auch Aufsicht und Regulierung, zum Beispiel der Erlass von Verordnungen. Letztere lag bisher auch bei der FMA und wandert nun ins Parlament beziehungsweise ins Finanzministerium. Das gaben am Dienstag Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Staatssekräter Hubert Fuchs (FPÖ) vor Medien bekannt. Am Mittwoch wird die Aufsichtsreform im Ministerrat beschlossen.

Dadurch sollen "Doppelgleisigkeiten abgeschafft", internationale Standards umgesetzt und Geld gespart werden, sagte der Finanzminister. Mit der Umstrukturierung sollen auch rund 170 Mitarbeiter, die bisher in der OeNB für die Bankenprüfung zuständig waren, in die FMA übersiedeln. Das solle etwa mittels Überlassungen geschehen, meinte Löger. Ein gestärkter FMA-Aufsichtsrat, der mit "praxisnahen Experten" besetzt wird, soll beratende Funktionen übernehmen. Die Frage, ob dieser auch mit Mitgliedern aus den regulierten Instituten bestückt wird, ließ der Finanzminister offen. Die Reform soll innerhalb der nächsten neun Monate in Kraft treten und künftig an die zehn Millionen Euro pro Jahr einsparen.

Verkleinerte OeNB

Für die OeNB bedeutet diese Änderung der Bankenaufsicht nicht nur einen Kompetenzverlust, man fürchtet auch, an Bedeutung zu verlieren. Der Gouverneur der Notenbank, Ewald Nowotny, sagte während einer Parallelveranstaltung, es gebe ein bisschen eine Tendenz der Regierung, die OeNB quasi als eine Art nachgeordnete Dienststelle sehen zu wollen. "Da kann ich nur sagen, wehret den Anfängen." Die Unabhängigkeit der Notenbank sei sehr wichtig und sei sehr sensibel zu sehen.

Die FMA beaufsichtigt künftig also neben Versicherungen, Pensions- und Investmentfonds auch alleine die Banken. Die Berichtspflicht über die sieben großen, systemimmanenten Banken wandert ebenfalls zu ihr, die ob ihrer Größe direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt werden. Für die Notenbank bleibt quasi nur noch die Geldpolitik und eine neue Kompetenzstelle zur Finanzmarktstrategie. Die Geldpolitik wird aber heute für die Euro-Länder großteils in Frankfurt in der EZB gemacht. Österreich ist dort durch die Person des Gouverneurs im EZB-Rat vertreten, entscheidet aber nicht allein über Leitzins oder Programme zum Anleihenkauf.

Nowotny hat sich in der Vergangenheit wiederholt gegen die Verlagerung der Bankenaufsicht zur FMA ausgesprochen. Er beteuerte jedoch am Dienstag, dass er konstruktiv an der Überführung der Aufsicht mitarbeiten werde. Die FMA freut sich hingegen über die "Stärkung des Finanzplatzes" in Richtung einer "Allfinanzaufsicht", wie es FMA-Sprecher Klaus Grubelnik nannte.

Zwar hat der Rechnungshof eine Zusammenführung der Bankenaufsicht in eine Kontrollbehörde empfohlen. Unter der rot-schwarzen Vorgängerregierung gab es aber noch den Plan, die Kontrolle über die Banken gänzlich der OeNB zu überlassen. Das hat Finanzminister Löger nun gänzlich verworfen. Ein Grund dafür sei, dass bei dieser Variante eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig sei und damit die Stimmen von Neos oder SPÖ benötigt werden. Das jetzige Modell kann die Regierung alleine beschließen.

Eine Totalentmachtung der Notenbank sieht Stefan Pichler, Professor für Banken und Finanzwirtschaft und Vizerektor für Forschung an der Wirtschaftsuniversität, nicht. "Die Geldpolitik wird nicht nur in Frankfurt gemacht", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Notenbank sei weiterhin für Bonitätsprüfungen zuständig, ebenso für die Monetärstatistik. Letztere sei "eine enorm wichtige, aber sehr unterschätzte Aufgabe", so Pichler.

Kompetenzfrage im Krisenfall

Ob die Reform die gewünschten Synergieeffekte bringe, sei derzeit nicht so klar. Denn die OeNB müsse weiterhin über alle relevanten Daten verfügen. "Im täglichen Geschäft macht das wohl weniger Unterschied", sagt Pichler. Und er gibt zu bedenken, dass diese Variante im Krisenfall Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Sollte nämlich eine große Bank ins Straucheln kommen, liegt die letzte Entscheidung über Bankenrettung oder nicht nach wie vor bei der Notenbank. Und im Krisenfall muss sie auch über alle notwendigen Informationen und Prüfberichte und damit Kompetenzen verfügen. In anderen EU-Ländern sei es deshalb üblich, die Bankenaufsicht bei der Notenbank zu belassen. Dass die Regulierung wieder beim Gesetzgeber ist, sei zu begrüßen, weil sie auch dort hingehöre.

Die Zahl der Direktoriumsmitglieder der OeNB soll trotz Ausgliederung der Bankenaufsicht laut Fuchs und Löger jedenfalls bei vier bleiben. Vergangene Woche hatte eine versehentlich öffentlich gewordene SMS von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) darüber für Gesprächsstoff gesorgt. Er hatte befürchtet, dass wegen der Reform das Direktorium auf drei Posten verkleinert wird und die FPÖ damit eine für sich beanspruchte Stelle verlieren könnte.