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Dieselmangel wegen Klimawandel

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Wegen Niedrigwasser in Deutschland und Österreich kann weniger Treibstoff geliefert werden.


Wien. Eigentlich ist der Ölpreis mit 63 Doller pro Barrel Brent gerade relativ günstig, gemessen an den Aufs und Abs der vergangenen Monate. Und eigentlich müssten auch die Spritpreise damit relativ niedrig sein. Sie liegen derzeit sowohl für Benzin, als auch für Diesel aber um die 1,30 Euro und damit rund 20 Cent höher, als es beim aktuellen Rohölpreis üblich wäre. Der Grund liegt nicht etwa darin, dass die Händler die Preissenkung nicht weitergeben. Sondern am niedrigen Wasserstand in Deutschland und Österreich. Und schuld daran ist wiederum der Klimawandel. Erste Tankstellen mussten sogar schon den Treibstoffverkauf einstellen.

Die Frachtschiffe, die den Treibstoff von Deutschland nach Österreich transportieren, können nicht voll beladen werden, weil sie sonst auf Grund laufen. Die normalerweise über Wasser verschiffte Treibstoffmenge kann aber nur bedingt und mit erheblichen Kosten verbunden mittels Bahn oder Lkw transportiert werden. "Einen Engpass, wie es ihn derzeit in Frankreich oder Deutschland gibt, sehen wir für Österreich aktuell nicht", sagt Christoph Capek, Geschäftsführer des Fachverbandes Mineralölindustrie. Aber: "Die aktuelle Situation bedeutet eine logistische Herausforderung für Mineralölfirmen." Das belastet vor allem die Dieselpreise.

"Das geht seit Wochen so"

5,4 Milliarden Liter der in Österreich verbrauchten 8,3 Milliarden Liter Diesel werden von Bayernoil importiert. Wegen des Donau-Tiefwassers können aber die Tanklager der Häfen in Linz und Korneuburg nur eingeschränkt angefahren werden und das auch nur mit nicht voll beladenen Schiffen, wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" kürzlich berichteten. Hinzu kam auch noch ein Brand in der bayerischen Raffinerie Vohburg im September.

"Statt der üblichen 25 bis 30 Tonnen Treibstoff pro Tag bekommen wir derzeit nur 6 bis 7 Tonnen", sagt Yasid Bayran, Betreiber einer Diskonttankstelle im 22. Wiener Bezirk, zur "Wiener Zeitung". "Damit wir kostendeckend sind, brauchen wir mindestens 15 Tonnen pro Tag. Das geht seit sechs oder sieben Wochen schon so." Erste Mitbewerber hätten schon ihre Tankstellen geschlossen, weil sie nicht die notwendigen Mengen bekämen.

Der Grund dafür ist, dass viele Diskonter keine fixen Liefervertragspartner haben und über den sogenannten Spotmarkt quasi kurzfristig Treibstoff zukaufen. Dort sind die Mengen aber in den vergangenen Wochen zurück- und die Preise hinaufgegangen. Weil der Transport nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland wegen des sehr niedrigen Rhein-Pegels sehr mühselig ist und damit Erdöl auch nicht von der Nordsee durch Deutschland verschifft werden kann.

Im Nachbarland ist die Situation übrigens schon so angespannt, dass die Deutsche Post ihre Frächter angewiesen hat, schon bei halb vollen Tanks zu tanken. Aus Angst, dass die Zapfsäulen leer sind, wenn wieder Treibstoff benötigt wird.

"Wir haben derzeit keine Engpässe und können auch alle Lieferverträge gut erfüllen", sagt Andreas Rinofner, Sprecher des heimischen Mineralölkonzerns OMV. Es seien entsprechende Mengen am Spotmark verfügbar, die aber nicht immer nachgefragt würden. Das liegt hauptsächlich am hohen Handelspreis, der durch die deutlich höheren Lieferkosten in die Höhe geschnellt ist.

Dass die Wasserspiegel auch im normalerweise regenreichen November nicht steigen, liegt übrigens am Klimawandel, erklärt Nikolas Zimmermann vom Wetterdienst Ubimet. Weil die Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und dem Äquator wegen der Erderwärmung immer kleiner werden, zirkulieren globale Luftmassen immer langsamer. Das heißt, dass weniger feuchte Luft vom Atlantik und mehr trockene Kontinentalluft aus dem Osten nach Zentraleuropa kommt. "Das führt zu Wetterextremen und langen Wetterlagen, also längeren Dürre- oder Regenperioden", erklärt er. Und: "Eine Besserung ist derzeit nicht in Sicht."