Zum Hauptinhalt springen

Manager werben für raschere UVP

Von Martina Madner

Wirtschaft

Asfinag, Flughafen Wien, ÖBB und Verbund liefern Argumente, warum Österreich ein Standortentwicklungsgesetz braucht. Und Umwelt-NGOs, warum sie dagegen sind.


Wien. Es ist so weit: Die Regierung will die überarbeiteten Passagen des Standortentwicklungsgesetzes heute im Ministerrat beschließen. Ziel des Gesetzes war und ist es, für den Wirtschaftsstandort relevante Infrastrukturgroßprojekte rascher als heute zu ermöglichen. Ob die Diskussionen um das umstrittene Gesetz damit ein Ende finden, bleibt fraglich.

Das Gesetz wurde vor seiner Reparatur im Zuge des Begutachtungsverfahrens von Juristen, NGOs, aber auch von Gemeinde- und Landespolitik sowie Bürgerinitiativen geradezu zerpflückt: Hauptkritikpunkt war zumeist, es sei nicht verfassungs- und europarechtskonform. "Das Rechtsstaatsprinzip, das ein faires Verfahren für alle Parteien garantiert, wird hier ganz eindeutig verletzt", hatte Verfassungsrechtler Theo Öhlinger festgestellt. Das Beiziehen von externen und internen Experten im Zuge der Überarbeitung des Entwurfs, sollte das nun verhindern.

Während Juristen auf den neuen Entwurf warten, bekräftigten Umweltschutzorganisationen ihre Kritik. Vier Manager großer Infrastrukturkonzerne - Asfinag-Vorstandsdirektor Klaus Schierhackl, Wolfgang Anzengruber, Vorstandsvorsitzender des Verbunds, ÖBB-Generaldirektor Andreas Matthä und Günther Ofner, Vorstand des Flughafens Wien - nutzten die Wartezeit bis zur Veröffentlichung des neuen Standortentwicklungsgesetzes, um dafür zu werben.

Kurze Verfahren sparen Geld, nützen sie auch der Umwelt?

Allen vieren geht es um eine Beschleunigung der Umweltprüfungsverfahren. Asfinag-Chef Schierhackl sagt: "Das ist wie bei einem Hochzeitsantrag, wo man den künftigen Gemahl oder die Gemahlin fünf Jahre auf ein Ja oder Nein warten lässt." Auch Matthä stellt fest, dass es "der Wirtschaft durchaus schwer gemacht wird, neue Infrastruktur zur Verfügung zu stellen."

Flughafen-Chef Ofner bringt eine eigens in Auftrag gegebene GfK-Umfrage ins Spiel, wonach zwei Drittel der Bevölkerung für eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren seien. Er betont: "Lange Verfahren bringen der Umwelt gar nichts, im Gegenteil: Wenn es um Infrastruktur geht, sind neue Projekte schonender als alte."

Wobei das zwar für Bahnprojekte oder alternative Energien gelten kann, für Autobahnen aber keineswegs. Außerdem sagt Hanna Simons, Leiterin des WWF Österreich: "Klima- gegen Naturschutz auszuspielen, ist ein durchsichtiges Argument. Es geht uns nicht ums Verzögern, sondern eine ordentliche Prüfung der Auswirkungen von Großprojekten auf Mensch und Natur." Wenn das nicht passiere, seinen "die Spätfolgen dann erst recht teuer".

Einig sind sich Umweltschutzorganisationen und Wirtschaft aber in einem Punkt: Es braucht mehr Sachverständige als heute. "Gäbe es mehr Experten, bräuchte man auch nicht für jeden Schritt neue Gutachten", sagt etwa Verbund-Chef Anzengruber. Das sei teuer, koste hunderttausende Euro, die man laut Ofner sparen könne. Allerdings nicht mehr bei der dritten Flughafen-Piste. Das Standortentwicklungsgesetz greift erst bei neuen Projekten: Von 2018 bis 2023 plane man solche im Wert von 25,5 Milliarden Euro umzusetzen.

Zweite Instanz statt automatischem Baustart

Was die neuen Inhalte anbelangt, hielt sich die für die Materie zuständige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bei der Pressekonferenz am Montag weitgehend bedenkt. Nur so viel: Man habe den vielfach kritisierten Automatismus, wonach standortrelevante Bauvorhaben auch nach nicht beendeter Umweltverträglichkeitsprüfung nach spätestens 18 Monaten gestartet werden hätten können, durch eine andere verfahrensbeschleunigende Maßnahme ersetzt. Die Regierung begrenze die Dauer der Verfahren in erster Instanz auf 18 Monate. Man greife "dann weder in den Instanzenzug noch in die Parteienstellung ein", sagte Schramböck.

Nach 18 Monaten Verfahren werden diese also den Erstverantwortlichen entzogen, heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" zur Erläuterung. Die zweite Instanz beim Verwaltungsgerichtshof dauere wie bisher höchstens sechs Monate. Verfahren sollen trotzdem schneller werden, da die zweite Instanz auf Grundlage der Fakten und Gutachten, die zu diesem Zeitpunkt bereits am Tisch liegen, entscheiden. Neue könnten keine mehr eingeholt werden. "Ein immer wiederkehrendes Zurück zum Start ist damit nicht mehr möglich", heißt es dazu aus dem Ministerium.

Laut den Begutachtenden barg das Gesetz aber auch eine Reihe anderer Tücken: Nicht nur der Umweltschutz fehle, es brauche mehr Personal zur Verfahrensbeschleunigung. Beteiligte könnten Verfahren mutwillig verzögern, Sanktionen, wenn das der Fall wäre, seien keine vorgesehen. Auch die Unabhängigkeit jener, die beurteilen, was standortrelevant sei, wurde bezweifelt. Die Liste an Kritikpunkten ließe sich fortsetzen. Ob alle davon mit dem neuen Gesetzesentwurf ausgeräumt werden, muss sich erst zeigen.