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"Zu viele Ausschreibungssysteme"

Von Bernd Vasari

Wirtschaft

Andreas Nemec, Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG), über elektronische Vergabe und Digitalisierung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.


Wien. Die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) organisiert die Einkäufe von Bund, Städten, Gemeinden. 1,43 Milliarden Euro betrug das Abrufvolumen über die BBG im vergangenen Jahr. Seit 18. Oktober muss die Vergabe elektronisch durchgeführt werden. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erzählt Geschäftsführer Andreas Nemec über die Herausforderungen, die daraus entstehen.

"Wiener Zeitung": Herr Nemec, welche Dinge bestellten Sie zuletzt im Auftrag der Regierung?Andreas Nemec: Die letzten Vergabeverfahren waren aus dem Bereich IT. Wir haben laufend unser Portfolio erweitert, von Büromaterial, Schuleinrichtungen über Dienstfahrzeuge bis zu Serverkonstellationen. Wir kümmern uns, zum Beispiel, um Lizenzvereinbarungen mit internationalen Softwarelizenzgebern, die wir auch für die Republik kontrahieren. Neben dem Bund nutzen auch viele Städte, Gemeinden, ausgegliederte Unternehmen diese Lizenzvereinbarungen.

Werden Sie immer beauftragt?

Wir werden immer dann relevant, wenn es um über 100.000 Euro Auftragsvolumen geht. Dann muss man es öffentlich ausschreiben, da sind wir die Spezialisten. Beim Bund gibt es 27 Beschaffungsgruppen, wo wir obligatorisch tätig sind.

Seit 2001 sind Sie Geschäftsführer. Wollen Sie uns skurrile Dinge verraten, die Sie kaufen mussten?(lacht) Keine Pferde und keine E-Scooter bisher.

Sie werden in der Öffentlichkeit wohl verantwortlich gemacht. Wie gehen Sie damit um?

Die Verantwortung, wie viel eingekauft wird, liegt bei der Behörde, beim öffentlichen Auftraggeber. Unsere Aufgabe ist es, Bedarf von öffentlichen Auftraggebern, spezifiziert mit einem guten Vertrag auf vergaberechtlicher Basis abzusichern und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen. Was und wie viel bestellt wird, muss die Behörde selbst verantworten. Wir sind in einer Vermittlerrolle.

Sie müssen sich möglichst budgetschonend für die Einkäufe kümmern. Wo sparen Sie ein?

Wir schauen, dass wir einen guten Preis bekommen. Wir haben 110 Mitarbeiter, unsere Bilanzsumme beträgt 15 Millionen Euro. Der Geldfluss findet direkt zwischen öffentlichem Auftraggeber und dem Lieferanten statt. Es gibt ganz wenige Verträge, wo wir einkaufen und weiterverkaufen. Manche Konzerne vergeben beispielsweise nur Lizenzen, wenn sie einen Ansprechpartner haben.

Wie hoch ist das Abrufvolumen über die BBG?

Das Abrufvolumen über die BBG betrug im Jahr 2017 rund 1,43 Milliarden Euro. Ich bin mir sicher, dass dieses Jahr der Betrag von 1,5 Milliarden Euro überschritten wird. Wir wachsen jedes Jahr um mehr als fünf Prozent.

Woran liegt das?

Der öffentliche Bereich hat jährlich ein Beschaffungspotenzial von sechs Milliarden Euro. Wir wachsen nicht, weil die öffentliche Hand mehr einkauft, sondern weil mehr über uns abgewickelt wird und wir unseren Marktanteil erhöhen.

Seit 18. Oktober ist die elektronische Durchführung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge verpflichtend. Was verändert sich damit?

Es ist seit 18. Oktober verpflichtend, dass Ausschreibungsunterlagen nicht mehr mit der Post verschickt werden. Der gesamte Workflow, vom Veröffentlichen der Ausschreibungsunterlagen bis zur Angebotsabgabe erfolgt innerhalb elektronischer Systeme. Es gibt kein Papier mehr. Der gesamte Prozess, jede Frage, jede begründete Veränderung der Ausschreibung, ist nun nachvollziehbar. Es schafft auch mehr Transparenz, außerdem entfallen beispielsweise die Kosten für den Postversand, die Transportwege werden billiger.

Wird auch mit Apps gearbeitet?

Derzeit sind keine Apps im Spiel, das ist vom Gesetzgeber auch nicht angedacht. Es sind ausschließlich elektronische, internetbasierte Abläufe. Man muss sich dafür registrieren. Der Auftraggeber, der die Ausschreibung veröffentlicht, sieht die Angebote nicht bis zu dem Zeitpunkt, wo die Angebotsöffnung geplant ist. Daher kann nicht mehr manipuliert werden.

Welche Herausforderung gibt es für die Bieter?

Leider haben wir in Österreich zu viele Ausschreibungssysteme. Diese stehen in Konkurrenz zueinander. Andere Länder haben das besser geregelt und haben nur ein System. Die Bieter in Österreich müssen herausfinden, welche Behörde ausschreibt, welches System verwendet wird. Diese Systeme haben unterschiedliche Interfaces, man muss sich jedes Mal neu eindenken. Es wäre daher wünschenswert, wenn es auch in Österreich nur ein System geben würde.

Wie kommen Ihre Kunden mit der Digitalisierung zurecht?

Die Lieferanten sind seit April vorigen Jahres bereits daran gewöhnt. Wir bieten dazu Schulungen an. Es kommt schon zu Stresssituationen bei den Bietern etwa bei der elektronischen Signatur. Man muss das Angebot elektronisch signieren. Manche kommen nun drauf, dass der Geschäftsführer, der für die Firma zeichnet, keine elektronische Signatur hat. Das kann dazu führen, dass das Angebot ungültig ist. Wir empfehlen daher allen Interessenten, rechtzeitig eine elektronische Signatur zu besorgen.

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