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Wie sich Burnout-Vorbeugung rechnet

Von Karl Ettinger

Wirtschaft

Präventivmaßnahmen könnten Einsparungen von fast drei Milliarden Euro bringen.


Linz/Wien. Viele Österreicher gehen wegen psychischer Erkrankungen vorzeitig in Pension. Depressionen und Burnout verursachen dem Gesundheitswesen und der Wirtschaft aufgrund der Krankenstände hohe Kosten. Aber selbst recht einfache vorbeugende Maßnahmen gegen Burnout zeigen große Effekte zur Senkung der Folgekosten.

Das zeigt eine neue Studie, die am Mittwoch in Linz vorgelegt wurde. Darin wurde hochgerechnet, dass sich Österreichs Gesundheitswesen 2,934 Milliarden Euro an Kosten durch Präventivmaßnahen wie Mentaltraining ersparen könnte. Dabei handelt es sich um die wahrscheinliche Variante, wenn nur Personen, die ihren psychischen Gesundheitszustand schon negativ einschätzen, vorbeugende Maßnahmen in Anspruch nehmen. Vorbeugung rechnet sich demnach auf jeden Fall. Für die Wirtschaft werden die möglichen Spareffekte bei Krankenständen dabei mit 2,1 Milliarden Euro beziffert.

Die Studie wurde im Auftrag der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) von Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider und Elisabeth Dreer von der Universität Linz in Kooperation Pro Mente Oberösterreich und einem Mentaltrainer durchgeführt. In drei großen Unternehmen in Oberösterreich haben 67 Mitarbeiter teilgenommen: 33 davon mit Maßnahmen zur Burnout--Prävention in Form von Mentaltrainings, 34 Personen als "Kontrollgruppe" ohne solche Hilfe.

Bei der Hälfte Verbesserungen durch Mentaltraining

Die Ergebnisse wurden für Österreich hochgerechnet. Und zwar für jene 44 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 70 Jahren (rund 2,6 Millionen Personen), die sich selbst laut eneiner repräsentativen Befragung in einer psychisch belasteten Situation sehen.

In den drei Testunternehmen zeigte sich bei jenen, die Mentaltraining in Anspruch nahmen, eine eindeutige Verbesserung der psychischen Gesundheit. Bei der Hälfte (51 Prozent) gingen die Risikomuster (Überanstrengung, Burnout) zurück, bei der Gruppe ohne Mentaltraining blieb der Anteil stabil.

Bei der Hochrechnung auf die österreichweit 44 Prozent Personen, die sich psychisch belastet fühlen, wurden drei Formen unterschieden. Bei 19 Prozent (1,1 Millionen Menschen) ist die Situation problematisch, 17 Prozent (eine Million Menschen) befinden sich in einer Vorstufe zum ‚Burnout und weitere acht Prozent (500.000 Personen) sind schon im Erkrankungsstadium.

Der Grund für die Unterscheidung: je früher Burnout diagnostiziert wird, umso geringer sind die Folgekosten einer Behandlung. Je später, umso teurer wird es.

Im Maximalfall fast 13 Milliarden an Kostenersparnis

Darüber hinaus wurden in der Linzer Studie drei Szenarien berechnet: wenn alle Personen, die sich bereits psychisch belastet fühlen, ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen; wenn dies 50 Prozent der Betroffenen machen und wenn sich jene 21 Prozent, deren Einschätzung schon mittelmäßig, schlecht oder sehr schlecht ist, zum Arzt gehen.

Entsprechend unterschiedlich fallen die möglichen Einsparungen für Gesundheitswesen und Wirtschaft bei den Krankenständen gerechnet auf den gesamten Krankheitsverlauf aus. Im Maximalfall, wenn alle Betroffenen ärztliche Hilfe nützen, was als hypothetisch gilt, könnten die durch niederschwellige Prävention vermiedenen Ausgaben für Therapien und Folgekosten sogar bei fast 12, 8 Milliarden Euro liegen. Bei dem laut Studie wahrscheinlicheren Fall, dass jene, die ihren psychischen Gesundheitszustand bereits negativ einschätzen, medizinische Hilfe beanspruchen, betragen die Einsparungen immerhin noch 2,9 Milliarden Euro.

Bei den vermeidbaren Kosten für Krankenstände durch Burnout-Vorbeugung zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Einsparungen betragen laut Hochrechnung im Extremfall 10,6 Milliarden Euro, im wahrscheinlicheren Szenario, dass jene, die sich bereits nicht gesund fühlen, dies nützen, wären es 2,1 Milliarden Euro an Einsparungen beim Krankenstand.

Ökonom Schneider verwies darauf, dass ein früher Zeitpunkt der Diagnose die volkswirtschaftlichen Kosten entscheidend dämpfe. Die jetzige Studie zeige, dass schon niederschwellige Vorbeuge-Maßnahmen signifikante Verbesserungen der Gesundheit und damit eine Entlastung des Gesundheitssystems bringe und die Krankenstandskosten für die Wirtschaft reduziere. Die Rentabilität solcher Maßnahmen bezifferte er mit eins zu hundert.

Rechtzeitige Maßnahmen sind "besonders wichtig"

Oft ist Stress ein Verursacher von Angsterkrankungen und Depressionen. Der Psychiater und Vorsitzender von Pro Mente Oberösterreich, Werner Schöny, betonte daher ebenfalls, es sei "besonders wichtig" rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die stressbedingte Auslösung einer Erkrankung zu verhindern.

Für Oberösterreichs neuen Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) ist die Studie wertvoll. Sie zeige, dass Prophylaxe für den Betroffenen und den Wirtschaftsstandort Vorteile bringe. Genau in diese Kerbe schlug auch IWS-Geschäftsführer Gottfried Kneifel. Auf den Erkenntnissen der Studie könne auch die Bundesregierung aufbauen.