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Gleicher Karfreitag für alle

Von Petra Tempfer

Politik

Dass der Karfreitag nur für Angehörige bestimmter Kirchen ein bezahlter Feiertag ist, ist laut Europäischem Gerichtshof gleichheitswidrig. Bis 19. April muss die Regierung eine neue Regelung finden.


Wien. Es war bereits am Karfreitag 2015, als sich ein Mitarbeiter einer privaten Detektei, der weder der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche oder der evangelisch-methodistischen Kirche angehört, diskriminiert gefühlt hatte, weil er kein Feiertagsentgelt bekam. Denn nur für Angehörige dieser Kirchen ist der Karfreitag aktuell laut Arbeitsruhegesetz ein Feiertag. Der Mitarbeiter hat daher von seinem Arbeitgeber eine entsprechende Zahlung verlangt - und der Instanzenweg nahm seinen Lauf, bis der mit dem Rechtsstreit (C-193/17) befasste Oberste Gerichtshof (OGH) den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwies.

Dieser hat am Dienstag entschieden: Die Gewährleistung eines bezahlten Feiertags nur für die Angehörigen besagter Kirchen stellt eine Diskriminierung wegen der Religion dar. Solange Österreich seine Rechtsvorschriften zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht ändere, sei ein privater Arbeitgeber verpflichtet, auch seinen anderen Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zu gewähren. Die Wirtschaft fürchtet, dass der Karfreitag nun zu einem gesetzlichen Feiertag für alle werden könnte.

Doch vorerst ist, nachdem der OGH in dem Fall die EU-Richter um Klärung ersucht hatte, wieder dieser am Zug. Er muss das in Österreich laufende Verfahren gemäß des EuGH-Urteils abschließend entscheiden. Was die konkreten Auswirkungen betrifft, ist jedoch die Regierung der Adressat. Diese will das EuGH-Urteil "genau prüfen", wie Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal mitteilte. "Nach dieser Prüfung wird die Bundesregierung zeitnah weitere Schritte bekanntgeben." Dem Vernehmen nach könnte das Urteil auch Thema im heutigen Ministerrat sein. Bis zum nächsten Karfreitag am 19. April muss Österreich jedenfalls seine Regelung ändern. Diese ist mehr als 60 Jahre alt.

Streichung der Feiertagszuschläge möglich

Aktuell seien die gesetzlichen Feiertage, an denen Arbeitnehmer nicht arbeiten müssen und dennoch Gehalt erhalten, im Arbeitsruhegesetz geregelt, sagt Marco Riegler, Partner bei ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH, der auf Arbeitsrecht spezialisiert ist. Wer dennoch an einem Feiertag arbeitet, erhalte dafür zusätzlich Geld oder kann für einen anderen Arbeitstag Zeitausgleich vereinbaren. Laut Konkordat hat sich Österreich verpflichtet, bestimmte Feiertage der katholischen Kirche anzuerkennen - diese gelten allerdings für jeden Arbeitnehmer, egal, welcher Religion er angehört. Insgesamt gibt es 13 gesetzliche Feiertage, die für alle gelten. Der Karfreitag, an dem Christen des Leidens und Sterbens Jesu gedenken, ist im Moment der einzige gesetzliche Feiertag, der ausschließlich für Angehörige bestimmter Religionen gilt. Zudem können in Kollektivverträgen, aber auch im Dienstvertrag zusätzliche Feiertage beziehungsweise Feiertagsregelungen vorgesehen sein.

"Das EuGH-Urteil selbst hat allerdings nichts mit Religion zu tun, sondern es geht nur darum, dass gewisse Arbeitnehmer besser behandelt werden als andere", ergänzt Verfassungsjurist Theodor Öhlinger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Frage der Religion würde erst dann auftauchen, wenn Österreich eine gesetzliche Regelung dazu verfasst.

Laut Wolfgang Mazal vom Institut für Arbeits- und Sozialrecht gäbe es hier mehrere Möglichkeiten - bis dahin seien Arbeitgeber verpflichtet, auch den anderen Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zu gewähren. Eine davon wäre, den Karfreitag für alle als Feiertag zu streichen. Denn auch damit würde kein Arbeitnehmer mehr diskriminiert werden.

Als wahrscheinlichste Lösung gilt jedoch, dass der Feiertag für Protestanten behalten, aber die Feiertagszulage gestrichen wird, kristallisierte sich nach dem EuGH-Urteil heraus. Für den evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker wäre die Streichung der Zuschläge vorstellbar, sagte er und wurde dabei von der katholischen Kirche unterstützt. Bünker verlangte von der Regierung, dass die evangelische Kirche in die Entscheidungsfindung eingebunden werde. Denkbar sei für ihn auch, den Karfreitag gegen den Pfingstmontag als gesetzlichen Feiertag für alle zu tauschen. Ein Abtausch mit dem Ostermontag wäre ebenso denkbar.

"Zusätzlicher Feiertag kostet Wirtschaft 600 Millionen Euro"

Von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite kamen freilich konträre Reaktionen. Während ÖGB und auch die SPÖ forderten, den Karfreitag zu einem gesetzlichen Feiertag für alle zu machen, lehnte die Wirtschaftskammer (WKO) das entschieden ab. Bernhard Achitz, Leitender ÖGB-Sekretär, begründete die Forderung nach einem Feiertag für alle damit, dass die Österreicher mit ihren wöchentlichen Arbeitszeiten an einem der europäischen Spitzenplätze lägen. WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf sowie die Industriellenvereinigung konterten, dass Österreich mit 13 Feiertagen im Jahr schon jetzt unter den Ländern mit den großzügigsten Feiertagsregelungen in Europa rangiere. "Ein zusätzlicher Feiertag würde die österreichische Wirtschaft 600 Millionen Euro kosten", so Kopf.

Der Karfreitag ist in vielen EU-Ländern ein gesetzlicher Feiertag: In 13 der 28 Staaten haben heuer am 19. April alle Arbeitnehmer frei oder müssen, wenn sie arbeiten, Feiertagszulage bekommen. In Deutschland gelten gesetzliche Feiertage grundsätzlich für alle. Und auch das EuGH-Urteil zum Karfreitag in Österreich könnte weitreichendere Folgen haben. "Der jüdische Versöhnungstag Jom Kippur (heuer am 9. Oktober, Anm.) ist dem Karfreitag rechtlich gleichwertig", sagt Mazal. Er sei zwar im Kollektivvertrag und nicht im Arbeitsruhegesetz geregelt, Nichtangehörige der israelitischen Kultusgemeinde könnten sich aber diskriminiert fühlen. Zum Ramadan, Fastenmonat der Muslime, gibt keinerlei gesetzliche Regelungen dieser Art.

§ 7. (1) Der Arbeitnehmer hat an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 0 Uhr und spätestens um 6 Uhr des Feiertages beginnen muss.

(2) Feiertage im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Mariä Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Mariä Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stephanstag).

(3) Für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche ist auch der Karfreitag ein Feiertag.

(4) Feiertage dürfen auf die wöchentliche Ruhezeit nur angerechnet werden, soweit sie in die Zeit der wöchentlichen Ruhezeit fallen.

(5) In Betrieben mit einer werktags durchlaufenden mehrschichtigen Arbeitsweise hat die Feiertagsruhe spätestens mit Ende der Nachtschicht zum Feiertag zu beginnen und darf frühestens mit Beginn der Nachtschicht zum nächsten Werktag enden.

(6) Ist für die Normalarbeitszeit (§ 3 Arbeitszeitgesetz) an Feiertagen Zeitausgleich vereinbart, so muss dieser mindestens einen Kalendertag oder 36 Stunden umfassen.

(7) Fällt ein Feiertag auf einen Sonntag, so sind die §§ 3 bis 5 anzuwenden.

Arbeitsruhegesetz (Rechtsinformationssystem des Bundes)