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Auch Lkw müssen sauberer werden

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
© adobe stock/lesterman

Neue Lastwagen sollen bis 2030 fast ein Drittel weniger Kohlendioxid ausstoßen als heutige Modelle. Österreichs Hersteller und Transporteure sind alarmiert.


Brüssel/Wien. Klimaschützern hat das schon lange gestunken: Während Regelungen zur CO2-Minderung bei Autos längst selbstverständlich sind, blieben vergleichbare Maßnahmen für schwere Nutzfahrzeuge bisher aus. Die gute Nachricht: Den Wettlauf um emissionsfreie Brummis hat das nicht gestoppt. Ganz vorne mit dabei ist der deutsche Autohersteller Daimler Benz, der seine E-Trucks ab 2021 in Serie produzieren will. Mitte Februar hat der Stuttgarter Autobauer die Entwicklung eines noch schwereren E-Sattelschleppers ankündigt. Auffallend dabei war das Timing, einigten sich EU-Parlament und die Verkehrsminister der EU-Mitgliedstaaten just einen Tag später darauf, den CO2-Ausstoß auch für Lkw zu regulieren.

Die Abmachung sieht vor, dass neu zugelassene schwere Nutzfahrzeuge ab 2019 im Vergleich zu 2015 um 15 Prozent weniger CO2 ausstoßen sollen. Ab 2030 sollen die CO2-Emissionen dann 30 Prozent niedriger sein als derzeit. "Die neuen Zielwerte werden nicht nur dazu beitragen, Emissionen abzubauen, sondern auch Kraftstoffeinsparungen für Verkehrsunternehmen und saubere Luft für alle Europäer ermöglichen", begründet Miguel Arias Cañete, Kommissar für Klimapolitik und Energie die CO2-Reduktionspläne.

WKÖ: "Viel zu ambitioniert"

Während der Umweltverband Transport & Environment (T&E) die EU-Pläne als "eine exzellente Nachricht für Lkw-Fahrer und die Umwelt" bezeichnet, sind Europas Fahrzeughersteller alarmiert "Die geplanten Reduktionsziele der EU sind viel zu ambitioniert. Das liegt vor allem daran, dass bei schweren Nutzfahrzeugen das vorhandene Einsparungspotenzial nur mehr gering ist, da diese Fahrzeuge bereits hervorragend optimiert sind", sagt Karl-Heinz Rauscher, Obmann des Fachverbandes der Fahrzeugindustrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ). "Die Flottenziele können daher nur durch Fahrzeuge mit alternativem Antrieb erreicht werden."

Auch Gritta Grabner, Geschäftsführerin des WKÖ-Fachverbandes Spedition und Logistik, betrachtet die EU-Pläne mit Skepsis, und warnt vor den Auswirkungen auf die heimische Transportwirtschaft. "Zwar betreffen die Reduktionsziele primär die Hersteller und die Transportwirtschaft ist dabei ,nur‘ mittelbar involviert", so Grabner. "Doch bei Maßnahmen, die Unternehmen mit fossilem Fuhrpark massiv schlechter stellen, hat dies zur Folge, dass bereits vor Beendigung des Lebenszyklus eines Fahrzeuges neue mit alternativen Antrieben angeschafft werden müssen." Die Entwicklungskosten für emissionsfreie Schwertransporter würden unweigerlich zu höheren Fahrzeugpreisen führen.

Fehlende Infrastruktur

Ein Befund, den WKÖ-Funktionär Rauscher teilt: "Fahrzeuge mit alternativem Antrieb müssen mit Hochdruck entwickelt und zur Marktreife gebracht werden. Es ist mit einer deutlichen Verteuerung der Anschaffungskosten zu rechnen, da Schlüsseltechnologien wie Batterien oder Brennstoffzellen deutlich teurer sind als konventionelle Verbrennungsmotoren. Vorübergehend könnten sogar Engpässe bei den Komponenten auftreten."

Die Ankurbelung der Produktion von "Zero-Emission"-Trucks ist jedoch das erklärte Ziel der EU-Kommission. Der Grund: Seit 1990 sind die Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge nach EU-Angaben um 25 Prozent gestiegen. Derzeit machen sie 27 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes aus dem Verkehr und fast fünf Prozent aller Klimagase der Europäischen Union aus. "Für die EU-Industrie ist dies eine Gelegenheit, Innovationen auf dem Weg zu emissionsfreier Mobilität zu fördern und ihre weltweite Führungsposition im Bereich sauberer Fahrzeuge weiter zu stärken", hofft EU-Kommissar Cañete.

Ab 2025 wird für Autohersteller daher eine verbindliche Produktionsquote von zwei Prozent emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge gelten. Bis 2025 sollen Hersteller zudem sicherstellen, dass mindestens zwei Prozent der verkauften Neufahrzeuge nur wenig oder gar keine klimaschädlichen Emissionen mehr haben.

Bleibt die Frage, wie es um die notwendige Infrastruktur für alternative Antriebe in den Mitgliedstaaten bestellt ist. "Die ersten Erfahrungen aus den Feldversuchen haben gezeigt, dass wir eine eigene Infrastruktur für Nutzfahrzeuge benötigen. Ladestationen sind für schwere Lkw und Busse meist zu klein dimensioniert oder zu schwach ausgelegt", zeichnet Rauscher ein eher düsteres Bild. "Eine europaweite Studie hat im Jänner 2019 festgestellt, dass es für schwere Nutzfahrzeuge keine einzige Ladestation mit mehr als 150 kW gibt. Es ist jedoch offen, wer die Kosten für einen flächendeckenden Ausbau übernehmen wird."

Hohe Strafen für Stinker

Ob die Schwertransporter die Regelungen zum CO2-Ausstoß im Fahrbetrieb auch tatsächlich einhalten, soll über eine technische Einrichtung an Bord der Fahrzeuge überprüft werden. Bei Verstößen drohen den Herstellern hohe Bußgelder: Zwischen 2025 und 2029 sollen pro Gramm Kohlendioxid und Tonnenkilometer 4250 Euro fällig werden, ab 2030 dann 6800 Euro.

"Diese Strafen sind viel zu hoch und finanzielle Anreize sind jedenfalls zielführender als Sanktionen", ist Rauscher überzeugt. "Wir benötigen eine Förderung als Anstoß bei der Einführung der alternativen Technologien, um den Prozess zum Aufbau der Flotten und der entsprechenden Infrastruktur in Gang zu setzen." Ein starker Anreiz für die Einführung von alternativen Antriebssystemen liege auch in der Erweiterung des Einsatzspektrums, sowohl zeitlich als auch räumlich, ist Rauscher überzeugt. "Wenn damit zum Beispiel die Warenbelieferung im städtischen Ballungsraum während der Nachtstunden möglich wird, ermöglicht das ganz neue Konzepte für die Logistiker."